Dan 2,20
J.Kroeker
Von der Erkenntnis Gottes.
"Daniel hob an und sprach: Gepriesen sei der Name Gottes
von Ewigkeit zu Ewigkeit! Denn sein ist beides, Weisheit
und Macht! Er führt andere Zeiten und Stunden herbei; Er
setzt Könige ab und setzt Könige ein." Dan. 2,20 f.
Solche Psalmen sind Schöpfungen erlebter Inspirationen, die
die Seele im Anschauen Gottes gewonnen hat. Denn so von Gott
reden kann nur, wer Gott in seiner weltumfassenden Aktivität
und weltbeherrschenden Majestät gesehen hat. Solch einen
Einblick in die letzten Zusammenhänge der größten
weltpolitischen Ereignisse gewinnt nur die Seele, die von
Gott aus alles Weltgeschehen zu sehen vermag. Sie erkennt:
hier waltet nicht nur ein wildes Spiel unberechenbarer
Mächte. Hier ernten nicht nur Bosheit und Schuld ihr
schweres Gericht. Hier bauen nicht nur Nationen dauernd an
dem Turmbau ihrer Kultur. Hier eifert nicht nur der Mensch
in seiner Feindschaft und Geistesrichtung wider Gott. Hinter
allem steht vielmehr ein Wille, der nicht gebrochen werden
konnte, und waltet ein Arm, der stark genug blieb, Zeiten
kommen und Zeiten vergehen zu lassen, Könige abzusetzen und
einzusetzen, Weltreiche zu rufen und zu stürzen. Er benutzte
Kriege und Revolutionen, Machtbestrebungen der Könige und
Empörungen der Völker, Blütezeiten der Kultur und nationale
Nöte, um durch alles "seine Stunde" kommen zu lassen, wo Er
ein Reich aufrichten kann, dessen Grundfeste Gerechtigkeit,
dessen Antlitz Friede und dessen König der Menschensohn sein
wird.
So kam Daniels Seele in Gott zur Ruhe. Daher konnte er auch
beim Anbruch des Morgens eine Botschaft der Ruhe in die
Aufregung des Königs und der Weisen Babels tragen. Das war
der nächste Ausklang der Harfe jener Seele, die Gottes Finger
im Heiligtum neu stimmen konnte. Sie sang am kommenden Tage
ein Lied des Lebens, der Versöhnung und des Friedens in jene
Herzen hinein, die sich in eine undurchdringliche Nacht des
Hasses, der Angst und der Vernichtung versetzt sahen.
Propheten, die vor Gott knieten, können vor Menschen und
deren Königen stehen. Ihr Glaube und ihr Wort sind der Sieg,
der die Härte, die Blindheit, den Unglauben und den Tod der
Welt überwindet. Denn Propheten, die das Antlitz Gottes
gesehen und Antwort auf die Fragen der Welt empfangen haben,
wagen auch das Antlitz des Menschen zu suchen und wie Daniel
zu Arioch, dem Oberscharfrichter, zu sprechen: "Bringe die
babylonischen Weisen nicht um! Führe mich zum Könige, so
will ich ihm die Deutung verkündigen." Ihnen ist es niemals
um das Gericht der Welt zu tun, so sehr es auch durch deren
Schuld und Unglaube heraufbeschworen worden ist, sondern um
die Rettung der Welt.