Hes 37,4
J.Kroeker
"Und Er sprach zu mir: Weissage von diesen Gebeinen und
sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des Herrn
Wort!" Hes. 37,4.
Der Prophet Hesekiel sah sich vom Herrn auf eine Ebene
geführt, die voller Totengebeine lag. Wenn aber Gott uns
unter die Toten sendet und zwar als Lebende, dann hat Er
immer etwas vor. Hesekiel war nicht auf die Ebene gesandt,
damit er daselbst zu einem Toten werde, sondern damit die
toten Gebeine durch seine Botschaft zum Leben gelangen
sollten. Du bist unter die Gebundenen gesandt, nicht damit
auch du ein Gebundener wirst, sondern damit durch deine
Freiheit diese Gebundenen auch die herrliche Freiheit der
Kinder Gottes kennen lernen sollen. Du siehst dich unter die
Stummen gesandt, damit diese Stummen reden lernen und zwar
mit dem, mit dem deine Seele spricht.
Hesekiel, erschrick daher nicht, wenn du dich plötzlich von
Gott in deiner Lebensführung auf ein großes weites Totenfeld
gestellt siehst. Was hülfe es dir, von Freiheit zu reden,
wenn du keine Gebundenen hättest? Wie könntest du von
Rettung sprechen, wenn vor dir nicht ein versklavtes Volk
stünde? Hesekiel, es ist Gnade, wenn dich der Herr wiederum
als seinen Knecht, begnadet mit seinem Geist auf das
Totenfeld sendet. Da liegen deine Aufgaben, da soll sich
deine Kraft zum Segen anderer äußern.
Es bleibt nun das Eigenartige der Botschaft solcher
Propheten: sie sprechen zu den Toten vom Leben, zu den
Schwachen von Kraft, zu den Tauben, dass sie hören sollen.
Das Evangelium von Gott her wollte noch immer künden: das,
was der Mensch bei all seinem Suchen bei sich nicht hat, das
will die Gnade, die Barmherzigkeit, die Botschaft Gottes
zunächst in sein Leben hineintragen.
Wenn wir aber wie ein Hesekiel von Gott her zu den Menschen
kommen, werden wir gleich ihm erleben, wie Tote lebendig
werden. Die letzte Auflage meines Buches: "Allein mit dem
Meister" zeigt gleich am Anfang den Satz: Wer Menschen bis zu
Gott führen will, muss von Gott her zu den Menschen kommen.
Haben wir im Leben Jesu einmal beachtet, wie Er vom Vater zu
den Jüngern und vom Vater zu dem Volk kam? Hätte Jesus das
nicht getan, auch Er wäre unter dem Druck jener Zeit einfach
seelisch zusammengebrochen. Da Er aber von Gott her kam,
erwies sich seine Botschaft weit mächtiger als der Tod, von
dem Er sich umgeben sah. Wollen auch wir als Künder eines
neuen Lebens wie ein Hesekiel auf dem Totenfeld unserer Zeit
stehen, dann müssen wir es neu aus diesen Pfingsttagen in
unser ganzes Leben mitnehmen: wir können nur insoweit unseren
Brüdern dienen, insoweit wir von Gott her mit einer Botschaft
vom Leben zu unseren Brüdern gekommen sind.