Jeremia

Jer 42,7 J.Kroeker Von der Macht des Gebetes.

"Und es geschah am Ende von zehn Tagen, da geschah das Wort des Herrn zu Jeremia." Jer. 42,7.

Jeremia war vor den Herrn getreten, weniger in einer persönlichen Angelegenheit. Er hatte das Verlangen seines Volkes vor Gott gebracht. Priesterlich hatte er bisher die Schmach und die Leiden seines Volkes getragen. Viel hatte er für sein Volk gebetet, viel unter demselben gewirkt, viel unter demselben gelitten, aber kaum eine Frucht gesehen. Verkennung, Schmach und Verachtung vom Volke hatte ihm sein priesterliches Dienen eingetragen. Endlich schien es, als ob der Herr seine Tränen gesehen und sein Gebet erhört habe. Alle Heerobersten und Ältesten in Verbindung mit dem Volke kamen zum Propheten und baten ihn, dass er für sie zum Herrn beten möge.

Und der Gegenstand des Gebetes war ein überaus köstlicher! Der ganze Überrest jenes Volkes, das so lange nicht auf die Stimme seines Gottes und seiner Propheten gehört hatte und nun unter schwerstem Gerichte stand, will von Gott erfahren, auf welchem Weg es gehen soll. Soll es durch eine schleunige Flucht nach Ägypten seine Rettung finden, oder soll es im Lande des Gerichtes bleiben? Das war die schwere Frage. Wie wohl muss das Verlangen, endlich von Gott zu erfahren, wie Gottes Führung mit seinem Volke gehen sollte, dem Propheten getan haben. Hatte das Volk endlich erkannt, dass es bis jetzt ohne Gott gehandelt hatte und die Wege des Ungehorsams und des Fluches zu seinem Verderben gegangen sei?

Wir verstehen daher den Propheten, wenn er nun zum Volke spricht: "Ich will zum Herrn, eurem Gott, beten nach euren Worten ; und es soll geschehen, jedes Wort, das der Herr euch antworten wird, werde ich euch kundtun, ich werde euch kein Wort vorenthalten!"

In dieser inneren Freude trat der Prophet vor den Herrn. Was tat jedoch Gott? Er schwieg! Erst am Ende von zehn Tagen geschah das Wort des Herrn zu Jeremia und sprach zu ihm. Wunderbar! Unser Gott kann in seiner unerforschlichen Weisheit und Liebe zehn volle Tage schweigen, während seine Knechte betend für andere vor Ihm stehen. Warum Gott auch in Zeiten schweigt, wo wir mit unsern schwersten Seelenlasten vor Ihm stehen, bleibt uns oft ein Geheimnis. Zu seiner Stunde bricht Er aber sein Schweigen. Er spricht zu seinem Knecht: "Gehe hin und lege dem Volk den Weg zum Leben und zum Tode vor." Ein Glaube, der warten kann, hört dennoch zur rechten Stunde Gott reden und hat fürs Volk ein Wort, das dieses vor eine letzte Entscheidung stellt.