Jeremia

Jer 42,2 C.Eichhorn Eigenwille hinter frommer Maske Bitte für uns den Herrn, deinen Gott, daß er uns wolle anzeigen, wohin wir ziehen und was wir tun sollen! Jer. 42, 2.3

Als Nebukadnezar die Angesehensten der Juden nach Babel geschleppt hatte, gerieten die Zurückgebliebenen in eine schwierige Lage. Durch ruchlose Hand wurde der edle Statthalter Gedalja ermordet. Nun fürchteten sie den Zorn dieses mächtigen Herrschers und faßten den Plan, nach Ägypten zu ziehen. Doch wollten sie zuvor hören, was Jehova dazu sage, und ersuchten Jeremia, daß er Gott um Aufschluß bitten möchte. Sie versprachen hoch und teuer, folgen zu wollen, wie auch die Antwort ausfallen werde. Jeremia legte die Sache im Gebet dem Herrn vor. Die Antwort kam nicht gleich. Die Leute waren ängstlich und unruhig. Es war keine Zeit zu verlieren, so meinten sie, und nun verging Tag um Tag. Gottes Wille hieß sie also zunächst warten. Ach, das fällt der Ungeduld so schwer! Der eigene Geist hat es gar eilig mit seinem Vorhaben. Er hastet und stürmt und kann nicht schnell genug zum Ziel kommen. Gott läßt sich von uns nicht drängen. Wie heilsam ist das Warten! Nun hat man Gelegenheit, den Übereifer abzukühlen und stille zu werden, damit Gott zu Wort kommen kann. - Damals hat leider die Wartezeit die Unruhe nur gesteigert. O wie ist der Mensch oft so verrannt in seine Ideen, daß jede Verzögerung die fieberhafte Eile nur erhöht, anstatt daß er stille wird zu Gott und auf seine Winke wartet! - Am zehnten Tag kam endlich die göttliche Antwort. Sie lautete: Bleiben und nicht nach Ägypten ziehen! Das ging ihnen ganz wider den Sinn. Dieselben Leute, die vorher geschworen hatten, folgen zu wollen, die ganz klar wußten, daß sie nur auf dem Weg des Gehorsams Glück und Gelingen haben, dieselben Leute fuhren den Propheten an: Du lügst, du bist gegen uns aufgehetzt, du willst uns ins Unglück stürzen! Sie folgten nicht, sondern flüchteten nach Ägypten und rannten dadurch in ihr Verderben. - So ist der Mensch in seinem ungebrochenen Sinn. Er will Gott folgen, aber nur, wenn Gott seinen Wünschen entgegenkommt. Sobald Gottes Urteil wider seine Neigung geht, hat er Recht, und Gottes Wort muß Lüge sein. Man will nur Ratgeber, die den eigenen Gedanken recht geben. Wer anders rät, den sieht man wie einen Feind an. Welche Torheit! Was helfen uns denn die Leute, die genau so sagen, wie wir es haben möchten? Sie bestärken uns nur in unserer Verkehrtheit, statt uns zu korrigieren. Lehnen wir doch den Rat, der unsere Wünsche und Lieblingspläne durchkreuzt, nicht ab! "Geht's der Natur entgegen, so geht's gerad und recht." Was unserer Neigung widerstreitet, ist meist das, was Gott haben will. Laßt uns aufrichtig fragen: "Herr, was willst du, daß ich tun soll?"! Und wenn uns Gott durch einen erleuchteten Menschen Antwort gibt, dann laßt uns aber auch gehorsam sein und nicht weiter herumfragen und schließlich doch tun, was uns gefällt!