Jeremia

Jer 28,12 J.Kroeker Vom Dienst in Vollmacht.

"Es geschah aber das Wort des Herrn an Jeremia, nachdem der Prophet Hananja das Joch vom Halse des Propheten zerbrochen hatte, und Er sprach: Geh und sag zu Hananja und sprich: Du hast ein hölzernes Joch zerbrochen, Ich aber mache stattdessen ein eisernes Joch!" Jer. 28,12 f.

Das ist ja das Verhängnis aller wahren Gottespropheten gewesen, dass ihre innere Orientierung immer eine ganz andere war, als die jeweilige herrschende Volksschicht sie besaß. Das brachte sie in Widerspruch mit ihren Zeitgenossen. Das machte ihren Weg so einsam, trug ihnen Hass und Verachtung ein, schuf ihnen einen Leidensweg, den sie wie Ausgestoßene und von der Zeit Gerichtete zu gehen hatten. Allein "dafür überragten sie nicht nur die große Menge, sondern auch ihr eigenes Zeitalter." Ihr Licht wurde zum Programm für kommende Geschlechter.

So beurteilte einst auch ein Jeremia die politische Lage seines Volkes ganz anders als sein Berufsgenosse Hananja. Dieser stellte sich ganz auf den dogmatischen Überlieferungsboden seines Volkes, nahm Jesaja zum Vorbild, riss Jeremia das hölzerne Joch vom Hals, zerbrach es und sprach: Also spricht der Herr: Also will Ich das Joch des babylonischen Königs innerhalb zwei Jahren vom Hals aller Völker nehmen und zerbrechen."

Das schien überaus glaubensvoll und patriotisch zu sein. Und es will scheinen, als ob Jeremia sich zunächst auch so geschlagen fühlte, dass er kein Wort zu seiner Rechtfertigung zu sagen wusste und daher still vom Schauplatz zurücktrat. Was sollte er auch zu seiner Rechtfertigung sagen? Ihn rechtfertigte allein ein inneres Erlebnis. Hananja aber überlieferte Gottesworte, Propheten-Erfahrung und die bisherige Geschichte seines Volkes. Allein der Mann, der sich von Menschen so geschlagen sah, wurde von Gott begnadigt, eine neue Offenbarung zu empfangen. Denn als der Prophet seines Weges ging, geschah das Wort des Herrn an Jeremia und sprach: "Geh und sage zu Hananja und sprich: So spricht der Herr: Du hast ein hölzernes Joch zerbrochen; Ich aber mache stattdessen ein eisernes Joch."

Hananja vertraute, ohne eine wirklich erlebte göttliche Grundlage für sein Vertrauen zu haben. Sein Vertrauen musste daher mit einer bitteren Enttäuschung endigen. Er hatte sich nur auf den Boden der Glaubenserfahrung eines anderen gestellt, nämlich auf die des Propheten Jesaja, und übertrug das Wort, das einst Jesaja wirklich vom Herrn zum Trost und zur Stärkung des verzagten Volkes empfangen hatte, auch auf seine Zeit. Jesaja wurde jedoch in seinem Vertrauen gerechtfertigt, Hananja erwies sich als Lügenprophet, als ein Mann, der vorgab, Worte des Herrn zu reden, ohne in Wirklichkeit ein Wort von Gott empfangen zu haben.