Jer 20,7
C.Eichhorn
Gott bezwingt das Herz durch Wahrheit und durch Liebe
Du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen,
du bist mir zu stark geworden und hast gewonnen. Jer. 20, 7
Der Herr will keine gezwungenen Leute. Er zieht die Herzen
zu sich, aber er zerrt sie nicht her. Er lockt, aber er
überrumpelt nicht. Er legt es dem Menschen nahe, daß er sich
ihm ergeben möchte, aber er vergewaltigt ihn nicht. Auch wir
sollen wohl Seelengewinner, aber keine Seelenfänger sein.
Wir sollen um Seelen werben, sie auch nötigen in Liebe,
aber sie nicht pressen; ihnen nachgehen, aber nicht auf sie
einstürmen. Sonst gibt es nur Rückschläge. Alles was
aufgedrungen ist, wirft man wieder ab. Was menschlich
gemacht und nicht von oben geworden und gewachsen ist, hat
keinen Bestand. - Schön drückt dies Jeremia in obigem Worte
aus. Der Herr hat das Widerstreben seiner Natur gegen den
Ruf zum Prophetendienst überwunden und alle Gegengründe
seines zaghaften Herzens zum Schweigen gebracht. So
überredet Gott auch uns. Der alte Mensch sucht zunächst
allerlei Ausflüchte, wenn Gott zur Bekehrung ruft. Die
Wahrheit des Wortes Gottes ist sehr unbequem für den Weltsinn
und demütigend für den menschlichen Hochmut. Sie erklärt
rückhaltlos, daß wir nichts sind als große Schuldner
und nichts können als nur Böses tun. Gegen diese
niederschmetternde Wahrheit wehrt sich der Mensch und
führt allerlei Einwände, gegenteilige Behauptungen und
Entschuldigungen ins Feld. Es entsteht ein Kampf zwischen
Wahrheit und Lüge. Denn unser alter Mensch ist ein Lügner
durch und durch und bewegt sich in der Welt des Scheines.
Gottes Wort wendet sich daher ans Gewissen. Es weckt diese
Wahrheitsstimme im Menschen. Im tiefsten Innern muß der
Mensch Gott recht geben und bekennen: So ist's; das ist's,
was ich brauche. Es sei denn, daß er sein Gewissen verhärtet
und der Lüge und dem Lügner, nämlich dem Satan, ganz und gar
zur Beute fällt. Wie die Wahrheit Gottes uns im Gewissen
überredet, so überwältigt die Liebe Gottes unser Herz. Es
hängt von Natur an der Welt und sperrt sich darum gegen die
Hingabe an Gott. Aber im tiefsten Grund ist es doch für Gott
angelegt. Gottes Liebe kommt seinem innersten Sehnen
entgegen. Der Widerstand wird gebrochen. Aus der Tiefe
dringt es hervor: "Ich fühl's, du bist's, dich muß ich
haben!" Wehe, wenn die Liebe zur Welt den letzten Funken des
Zuges zu Gott auslöscht! Dann hat nicht Gott, sondern Satan
gewonnen.
Zeuch mich, o Vater, zu dem Sohne - sonst bin ich ein verloren Kind - ,
daß er durch Glauben in mir wohne und ich in ihm die Ruhe find';
denn durch den Glauben ist er mein, und ich bin durch den Glauben sein.