Jeremia

Jer 17,13 C.H.Spurgeon Ein volles Herz. "Denn sie verlassen den HERRN, die Quelle des lebendigen Wassers." Jer. 17, 13.

Man baut in unseren Tagen da und dort große Wasserbehälter, aus welchen, wie in alten Zeiten, ganze Städte mit frischem Wasser versorgt werden. Solch ein Behälter ist das Herz des Menschen, welchem die Ströme des menschlichen Lebens entquellen.

Dieses Leben ergießt sich durch verschiedene Röhren: den Mund, die Hand, das Auge; aber all diese Äußerungen der Hände, der Augen, der Lippen fließen aus dem großen Hauptbrunnen und Hauptbehälter, dem Herzen; und darum ist's nicht schwer zu zeigen, daß es durchaus notwendig ist, diesen Behälter in einem ordentlichen und reinlichen Zustand zu erhalten, weil sonst trüb und verdorben wäre, was aus den Röhren fließt. Aber das Herz muß nicht nur rein, es muß auch v o l l erhalten werden. Wie rein auch das Wasser im Hauptbehälter bleibt, so genügt das noch nicht; wir können unmöglich Wasser in Fülle erhalten, wenn der Behälter nicht voll ist. Ein spärlicher Quell gibt gewiß auch nur einen spärlichen Erguß; und wenn die Leitungen noch so trefflich unterhalten sind, und alles sich im besten Stand befindet, der aber Behälter trocken ist, so harren wir vergeblich auf Wasser. Darum seht, wie notwendig es ist, daß das Herz allezeit voll sei; und dies muß euch die Frage nahe legen: "Wie kann ich mein Herz voll erhalten? Wie können meine Gefühle erstarken? Wie kann ich mein Verlangen brennend, und meinen Eifer glühend erhalten?" Lieber Christ, es gibt ein Wort der Heiligen Schrift, welches auf dies alles eine Antwort hat: "Bei D i r ist die lebendige Quelle," spricht David. Wenn deine lebendige Quelle in Gott ist, dann ist dein Herz übervoll. Wenn du zum Kreuz auf Golgatha gehst, so wird deine Seele gebadet in Liebe und Dankbarkeit. Wenn Du oft im Tal der einsamen Stille weilst und mit deinem Gott redest so ist dein Herz voll stiller Ergebung. Gehst du mit deinem Meister an den Ölberg, um mit Ihm über Jerusalem zu weinen, dann wird deine Seele mit Liebe gegen unsterbliche Seelen erfüllt. Wenn du stets alle deine Entschlüsse, dein Leben, dein ganzes Wesen aus dem Heiligen Geist empfängst, ohne den du nichts tun kannst, und wenn du in inniger Gemeinschaft mit Christus lebst, so darfst du nicht fürchten, daß dein Herz vertrockne. Wer ohne Gebet lebt, wer wenig betet, wer selten Gottes Wort liest, wer nicht oft zum Himmel aufblickt um neue Kraft von oben: dessen Herz wird trocken und dürr; wer sich aber seines Gottes tröstet, wer viele Zeit in stiller Sammlung zubringt, wer seine Lust hat an der forschenden Betrachtung der Worte des Höchsten, wer seine Seele Christus ganz hingegeben hat, wer Wonne empfindet in Seiner Fülle, sich in Seiner Allgenugsamkeit selig fühlt, um Seine zweite Zukunft bittet, und wem der Gedanke an Seine herrliche Wiedererscheinung über alles teuer ist: ein solcher hat ein überströmendes volles Herz; und wie sein Herz, so ist auch sein Leben. Es ist alsdann ein volles Leben: es ist ein Leben, das noch aus dem Grabe spricht und den Widerhall künftiger Zeiten erweckt. "Behüte dein Herz mit allem Fleiß," und bitte den Heiligen Geist, daß er es voll erhalte: denn sonst sind die Ergüsse deines Lebens schwach, gering und oberflächlich; und du hättest eigentlich so gut wie gar nicht gelebt.

Ach, was ist es doch Herrliches um solch' ein breites, tiefes, volles Herz! Finde den, der ein solches Herz hat; von ihm gehen Ströme lebendigen Wassers aus und die Welt wird von seinen erfrischenden Fluten erquickt.