Jes 66,13
D.Rappard
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet;
ja ihr sollt an Jerusalem ergötzt werden.
Jes. 66,13.
Einst sagte mir ein edler Theologie-Professor, dessen Gattin
früh gestorben war: ,,Ich habe meinen Kindern Vater
u n d Mutter sein müssen." Eine große Aufgabe für einen
Menschen; in Gott aber wunderbar verwirklicht. Gott ist unser
Vater, voll Erbarmen, aber auch voll Gerechtigkeit, zu treu,
als daß er Sünde ungestraft lassen, zu heilig, als daß er
Unreines in seiner Nähe dulden könnte. Und in diesem starken
Vaterherzen wohnt zugleich der mütterliche Trieb, zu helfen, zu
trösten, zu beglücken.
Wie schön tritt dieser Gedanke uns entgegen in unserem
Textwort, das zunächst dem alten Bundesvolk gilt im Hinblick
auf dessen endliche Wiederherstellung, aber auch der
neutestamentlichen Gemeinde eine Segensbotschaft ist. ,,Ich
will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet", sagt der
Herr. -
Wie tröstet denn eine Mutter? Sie nimmt ihr Kindlein in den
Arm. Sie stillt sein Schluchzen an ihrem Herzen. Sie hört
seine Klagen liebend an. In seiner Betrübnis ist sie mit
betrübt (Jes. 63, 9). Sie spricht ihm Worte der Verheißung
zu und ruht nicht, bis ihres Kindes Schmerz gestillt ist. Und
solche Mutterliebe ist nur ein Schatten dessen, was Gottes Liebe
uns sein will.
O, nimm mein Herze an Dein Herz,
Daß es allzeit in Freud' und Schmerz
In Dir nur sei erfunden.