Jes 62,1
S.Keller
Jes. 62, 1: «Um Jerusalems willen will ich nicht innehalten.»
Die Gottesstadt war damals ein Sinnbild der Gemeinde und
damit des Reiches Gottes, oder die Verwirklichung seiner
Liebespläne. Um des Zieles willen, das er sich aus Liebe
gesetzt hat, kann er nicht auf halbem Wege stehen bleiben.
Das mag im Neuen Testament wieder in erster Linie der
Gemeinde Gottes gelten oder dem letzten Ziel, der
Weltverklärung. Aber, was dem Ganzen gilt, ist oft auch dem
kleinsten seiner Teile zugedacht, sonst paßte es ja nicht in
jene endliche große Erscheinung hinein. So dürfen wir uns
als einzelne Christen auch einen Trost aus diesem Worte
nehmen. Der sein Ziel mit unserer Entwicklung sich gesetzt
hat, - der in unserem Leben so viel vorbereitende Schritte
und Taten getan hat, der kann nicht auf halbem Wege mit
seiner Liebeserziehung innehalten. Nein, der wird uns nicht
bis dicht vor die Tore der goldenen Stadt führen, um dann
erst plötzlich anderer Meinung zu werden und uns fallen
zu lassen. Er hält mit Segnen, Trösten, Verzeihen und
Vorwärtsdrängen nicht inne - um des Zieles willen. Dann
sollen wir uns doch fragen, ob wir nicht selbst im Laufe
stille stehn? Ob wir nicht aus Kreuzesscheu oder Weltlust
plötzlich die innere Entwicklung aufhalten?
Davor behüte uns, lieber Vater im Himmel! Brich den
törichten Willen, der nicht dir folgt. Öffne uns die Augen,
daß wir die Gefahr erkennen, die uns droht, wenn wir dein
Werk aufhalten. Herr, ziehe uns, so laufen wir. Amen.