Jes 32,17
S.Keller
Jes. 32, 17: «... der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige
Stille und Sicherheit sein.»
Was braucht die Gerechtigkeit noch für einen besonderen
Nutzen zu bringen, wenn sie doch selbst schon solch ein
wundergroßes Gut ist? Nun, dann sage statt Nutzen Wirkung
oder Segen oder Frucht. Gegenüber der Mühe und allem
Unfrieden der Gottlosen, gegenüber all der Unsicherheit und
Beklommenheit der Halbgläubigen hebt sich wie ein Fels aus
der Brandung die Glaubensgerechtigkeit mit ihren Kindern:
Stille und Sicherheit! Bist du in Jesu geborgen als ein
teuer erkauftes Eigentum, dann mußt du etwas erfahren von
Stille und Sicherheit. Stille vor Gier und Leidenschaft und
Kleinmut, Sicherheit vor Zweifel, Unglaube und Angst! Es
bleiben immer noch Kämpfe und Aufgaben genug, denen wir uns
nicht entziehen können, solang es soviel Sünde und soziale
Not in der Welt gibt. Aber alle diese Stürme dürfen nicht
die innige Geborgenheit in Christo stören. Wir müssen unsern
Friedenshafen in der Brust bei und mit uns haben, wenn wir
die Arbeit des Reiches Gottes treiben. Der Nutzen der
Gerechtigkeit ist wie ein Gewinn, der auf unser Teil kommt;
sieh zu, daß niemand dir deinen Gewinnanteil nimmt.
Herr Jesu, ich danke dir für deine Güte und gebe dir heute
abend mein müdes Herz und Leben. Mach mich stille in dir,
daß alle Sorgen weg sein müssen und alle Fragen und Zweifel
schlafen. Segne mich, Herr Jesu! Amen.
D.Rappard
Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der
Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit
sein.
Jes. 32,17.
Gerechtigkeit und Friede gehen Hand in Hand. Es kann
in der Regierung des heiligen Gottes nicht anders sein.
Denn Gerechtigkeit ist seines Stuhles Festung, und der Friede,
nach dem das Herz sich sehnt, muß auf Gerechtigkeit beruhen.
Wohl uns, daß Gottes Liebe den Weg gefunden hat, die Sünder
gerecht zu machen durch den Einen, der die Strafe auf sich
nahm, auf daß wir Frieden hätten. Am Kreuze Jesu haben
Gerechtigkeit und Friede sich geküßt (Ps. 85, 11). So wir
sind gerecht geworden durch den Glauben, haben wir Frieden
mit Gott. Immer wieder treffen wir die beiden vereint.
Aber diese gottgeschenkte Gerechtigkeit muß und wird sich
im äußeren Wandel bekunden. Der G e r e c h t e wird das
R e c h t e tun, das heißt, er wird die Sünde hassen und meiden
und sich in allen Dingen der Heiligung befleißigen. Nur dann
ist sein Friede bleibend. Denn die kleinste Sünde verstößt
gegen die Gerechtigkeit und trübt den Frieden. Wenn eine solche
vorgekommen ist, muß sie sofort durch aufrichtiges Bekenntnis
vor Gott gebracht und gerichtet werden. So wir unsere Sünden
bekennen, so ist er treu und gerecht, uns die Sünden zu vergeben,
und in seiner Gerechtigkeit finden wir den Frieden wieder.
Jesu, verklär' Dich in mir noch mehr,
Daß solchen Frieden ferner nichts stör,
Wie ja ein Vater Gutes gern gibt,
Schenkst Du auch Deinem Kind, das Dich 1iebt,
Frieden, den keine Wolke mehr trübt.
C.O.Rosenius
Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein. Jes. 32, 17.
Luther sagt: ,,Ein wahrhaft gutes Gewissen hat Friede, wenn
Gott nahe ist; wenn Er aber fern zu sein scheint, dann
fürchtet es sich." Der Gläubige wird getröstet, wenn Christus
sich offenbart, der Ungläubige wird erst recht erschreckt.
Der Gläubige spricht: ,,Wenn ich nur glauben kann, daß alles
wahr ist, was von dem Herrn Christus geschrieben steht, dann
habe ich Trost." Der Ungläubige bebt gerade vor dem Gedanken,
daß alles wahr sei, was die Schrift von Christus enthält.
Achte wohl auf dieses Zeichen, denn es ist ein untrügliches
Zeugnis dafür, wie du in Wahrheit zu Gott und zu deinen
Sünden stehst. Es zeugt davon, inwiefern du mit dem Richter
einen Vergleich gemacht hast, inwiefern du am Gnadenthron zu
weilen pflegst, dort deine Sünden ans Licht ziehst und
Versöhnung suchst, oder ob du dich im Gegenteil von Gott
fernhältst und nicht mit ihm von deinen Sünden redest. Es
stand nicht gut um David, als er sich fern von Gott hielt und
Ihm nicht seine Sünden bekannte. Als er dagegen seine Sünden
bekannte und Vergebung empfing, erhielt er Frieden, so daß er
mit Herzensfreude singen konnte: ,,Wohl dem, dem die
Übertretungen vergeben sind." Er hatte nicht den Trost, sich
keiner Sünde mehr bewußt zu sein. Er sagt im Gegenteil, daß
,,alle Heiligen" ihre Sünden so bekennen sollten, auf daß
,,wenn große Wasserfluten kommen, sie nicht an dieselben
gelangen." Damit gibt er deutlich zu verstehen: Der Friede
der Heiligen besteht nicht darin, daß sie sich keines Bösen
bewußt sind, sondern darin, daß sie ihre Sünden bekennen und
Vergebung haben.
Also hängt der Gewissensfriede von der Vergebung der Sünden
ab, wogegen ein schauerliches Beben vor Gott von einem
unversöhnten Zustand zeugt. Aber dies dürfen wir nicht so
verstehen, als ob alles Beben vor Gott von einem solchen
Zustand zeugte. Wie aus den Psalmen Davids und allen
Geschichten der Heiligen klar hervorgeht, kann Gott Seine
Heiligen so bekümmern und erschrecken, daß sie nichts anderes
fühlen, als daß Gott ihnen zürne, so daß sie ernsthaft beben
und ,,vor Unruhe ihres Herzens heulen". Beachte aber den
Unterschied! Dies ist dann etwas Gelegentliches und
Vorübergehendes; ihr eigentliches Leben ist Friede mit
Vertrauen auf Gott, wie der Apostel sagt: ,,Geistlich gesinnt
sein ist Leben und Friede." Und abermals: ,,Ihr habt nicht
einen knechtischen Geist empfangen, daß ihr euch abermals
fürchten müßtet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist
empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater!" Doch
teils durch schwerere Prüfungen vor Gott, teils durch die
uns noch anklebende Sünde und Schwachheit im Glauben kommt
es dennoch dazu, daß die Heiligen zuweilen zittern. Das
bedeutet nichts Böses, wenn das Leben im großen und ganzen
ein versöhntes, gläubiges Leben ist. Es wäre im Gegenteil
ein bedenkliches Zeichen, wenn der Glaube und der Friede
durch das soeben Genannte nicht erschüttert würden. Die
Geschichten der Heiligen beweisen dies in großer
Deutlichkeit.
Etwas ganz anderes ist es, wenn das eigentliche Leben eines
Menschen fern von Gott ist, so daß er bei dem Gedanken an
das Gericht erbebt. Solches zeugt von einem falschen,
unversöhnten Geist. Daher rührt es, daß ,,die Gottlosen
keinen Frieden haben, sondern wie ein ungestümes Meer
sind". Die meisten unter ihnen sind in falschem Frieden so
verblendet und bezaubert, daß sie, wie Hiob sagt, ,,mit
Pauken und Harfen jauchzen und fröhlich sind mit Pfeifen.
Sie werden alt bei guten Tagen und erschrecken kaum einen
Augenblick vor der Hölle." Andere aber sind sich ihres
unversöhnten Zustandes bewußt und haben einen düsteren Geist
oder wenigstens eine geheime Ahnung davon, was ihrer wartet.
Ein solcher Mensch kann sich zwar bemühen, seine Unruhe mit
Werken der Barmherzigkeit oder Andachtsübungen und vielerlei
Derartigem zu beschwichtigen. Der Gedanke an das künftige
Gericht und die Ewigkeit beunruhigt ihn aber immer aufs neue.
Er kann nie dessen gewiß sein, daß er genug getan habe, um
selig zu werden. Er befürchtet immer, daß doch noch etwas
fehlen könnte, und denkt an eine Zukunft, wo es besser werden
soll, - oder er sucht die Forderungen Gottes so herabzusetzen
und sie seinem Zustand und Lebenswandel so anzupassen, daß er
wagen könnte, auf ein gnädiges Urteil zu hoffen. So schwebt
seine Seele auf den Wellen des stürmischen Meeres auf und
nieder, und alles ist so, wie Gott sagt: ,,Sie haben keinen
Frieden." Wenn die Strafgerichte Gottes oder der Tod und die
Ewigkeit oder die Nähe des Herrn ihnen plötzlich vor die
Augen treten, dann beben sie. Sie scheinen Frieden zu haben,
aber nur solange sie nichts von Gott spüren. Ihr Friede ist
vorbei, wenn sie gewahr werden, daß der Herr nahe ist.
Das ist ein unglückseliger Zustand. Möchte ein jeder dies
zu Herzen nehmen und sich vor dem Herrn fragen: ,,Habe ich
Frieden mit Gott? Habe ich die Versöhnung gesucht und
gefunden? Kann ich in dieser Stunde dem Richter begegnen?
Habe ich mehr Frieden, wenn Gott mir nahe scheint, so daß ich
leide, wenn ich Seine Gegenwart vermisse? Oder ist es eine
Bedingung für meinen Frieden, daß ich Gott vergessen kann?"
Das zeugt davon, wie es um das Gewissen steht.
Ist es öde und leer allzeit
In dem Herzensschrein,
Suchst vergeblich du Ruh und Freud
Hier durch Trug und Schein,
Dann hat Jesus, das Licht der Welt,
Noch nicht hineingeschienen;
Denn wo Er kommt, da wird es hell,
Da fängt es an zu grünen.