Jes 21,11
C.H.Spurgeon
,,Hüter, ist die Nacht schier hin?"
Jes. 21, 11.
Wieviel Feinde ringsum! Der Irrtümer sind eine gewaltige Horde,
und ihrer erscheinen neue zu jeder Stunde: Gegen welche Irrlehre
soll ich auf der Hut sein? Die Sünden schleichen hervor aus
ihren Schlupfwinkeln, wenn Dunkel herrscht; ich muß auf die
Warte steigen und wachen zum Gebet. Unser himmlischer Schutzherr
sieht alle Angriffe voraus, die uns bedrohen, und wenn das Übel,
das uns bevorsteht, noch erst im Wunsche des Widersachers liegt,
bittet Er schon für uns, daß unser Glaube nicht wanke, wenn wir
gesichtet werden als der Weizen. Fahre fort, Du gnadenreicher
Hüter, uns vor unsren Feinden zu warnen, und um Zions willen
schweige nicht.
,,Hüter, ist die Nacht schier hin?" Was drohen der Gemeinde
Gottes für Ungewitter? Senken sich Wolken hernieder, oder ist
alles klar und hell ob unserm Haupte? Wir müssen mit liebender
Sorgfalt über die Gemeinde des Herrn wachen; und jetzt, wo
Aberglaube und Unglaube uns von allen Seiten bedrohen, wollen
wir auf die Zeichen der Zeit achten und uns zum Kampfe bereit
halten.
,,Hüter, ist die Nacht schier hin?" Welche Sterne sind sichtbar?
Welche köstlichen Verheißungen strahlen uns als tröstende Boten
in unsren Trübsalen entgegen? Du schreckst uns auf, so gewähre
uns auch Deinen Trost. Christus, der Polarstern, bleibt
unbeweglich an seiner Stelle, und alle Sterne sind wohl geborgen
in der Rechten ihres Herrn.
Aber, Hüter, wann bricht der Tag an? Der Bräutigam verzieht. Ist
noch kein Anzeichen vorhanden, daß Er hervorgeht als die Sonne
der Gerechtigkeit? Ist nicht der Morgenstern auferstanden als
Verkündiger und Vorbote des Tages? Wann wird der Morgen dämmern,
wann werden die nächtlichen Schatten fliehen? O Herr Jesu, wenn
Du heute noch nicht in eigner Person deiner Gemeinde erscheinst,
die Deiner harrt, so komme doch durch Deinen Heiligen Geist in
mein seufzendes Herz, und mache, daß es fröhlich singe:
,,Wie lange währt der Frommen Leid?
Nicht ewig, Herr, nur kurze Zeit;
Nach überstand'nem Leide
Erquickest Du ihr Herz mit Ruh'
Und mit der ew'gen Freude!"