Jes 6,3
J.Kroeker
Über unseren Glaubensumgang mit Gott.
"Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth und alle Lande
eine Fülle seiner Herrlichkeit." Jes. 6,3.
Das ist nicht der Psalm der Weltgeschichte. In dieser sang
alles Fleisch ein anderes Lied. Ihre Völker gingen den Weg
der Selbstanbetung. Irgendein Dienst, eine Erfindung, eine
geniale Leistung, sei es auf dem Gebiet der Kunst, der
Wissenschaft, Industrie, des Staatswesens oder auch der
allgemeinen Humanität - und in den Mittelpunkt wurde der
Mensch gestellt. In ihm bewunderte die Nation, der er als
Glied angehörte, sich selbst. Welche Mittel und Opfer werden
heute nicht gebracht, um auf irgendeinem Gebiet den Rekord zu
gewinnen. Man will gesehen, gehört, bewundert oder auch
gefürchtet werden. Das ist Selbstanbetung. Anstatt in Demut
und Beugung den Schöpfer zu ehren, wenn Er dem Menschen
Erleuchtung, Gaben und Kräfte gibt, die zu einem Segen
fürs Ganze werden könnten, bewundert man sich in der
schöpferischen Kraft seines eigenen Geistes. Man stellt
sich auf das eigene Können ein, rühmt das Werk seiner
eigenen Hände und sonnt sich im Glanz der erzielten
Erfolge und des erhaschten Ruhmes.
Das ist ja das Fleisch in seinem wahren Charakter: Je
mehr Gott segnet, desto mehr erhebt es sich, je mehr Gott
erschließt, desto mehr rühmt es sich. Je größer die Fülle
der Kräfte, desto bewusster die Loslösung von Gott. Anstatt
jede empfangene Segnung dazu dienen zu lassen, dass der
Mensch mehr und mehr in die Abhängigkeit von Gott kommt,
bringt es ihn in eine irdisch gerichtete Geisteshaltung
und in die Abhängigkeit von sich selbst. Anstatt
zurückzutreten vor dem Wirken Gottes, tritt es hervor
mit dem eigenen Wirken. Anstatt sich zu beugen, erhebt es
sich, anstatt zu segnen, knechtet es. Anstatt zu wachsen im
Gottesbewusstsein, wächst es im Selbstbewusstsein. Nirgends
findet man so viel Selbstbewusstsein als bei einem Menschen,
der sich wohl von Gott gesegnet sah, aber nicht entsprechend
seiner Segnungen auch von Gott abhängig wurde.
Dies ist jedoch nicht der Ruhm der wahren Kirche und deren
lebendiger Glieder. Die Saiten ihrer Seele künden ein
höheres Lied. Sie werden nicht gestimmt durch das, was der
Mensch tut. Sie besingt das, was Gott wirkt. Ihr Lied trägt
in die Schöpfung Gottes die Herrlichkeit des Schöpfers und
den Sieg des Lammes hinaus. Der Kirche bleibt Gott der Ruhm
ihres Lebens, das Geheimnis ihrer Kraft, der Inhalt ihrer
Sehnsucht. Das Verlangen, Seinen Lichtglanz im Angesichte
Jesu Christi zu sehen, ist die Antwort ihres Glaubens auf die
Offenbarung, die von Gott her in ihr Leben getragen wird.