Hl 2,12
C.H.Spurgeon
,,Die Blumen sind hervorgekommen im Lande, der Lenz ist
herbeigekommen, und die Turteltaube läßt sich hören in unsern
Lande."
Hohel. 2, 12.
Lieblich ist die Frühlingszeit; der lange und harte Winter läßt
uns ihre lebenerweckende Wärme umso höher schätzen, und die
Verheißung des Sommers, die sie uns bringt, erhöht die Freuden,
die sie uns gewährt. Nach Zeiten geistlicher
Niedergeschlagenheit ist es köstlich, wenn wir wieder das Licht
der Sonne der Gerechtigkeit erblicken; dann erwachen unsre
schlummernden Gnadengaben neu aus ihrer Erstarrung, wie Safran
und Narzissen aus ihrem Beet von Erde; dann wird unser Herz
fröhlich und singt liebliche Lieder des Danks, die schöner
klingen als der schönste Gesang der Nachtigallen, - und die
trostreiche Versicherung des Friedens widerhallt unendlich
lieblicher als das sanfte Girren der Turteltaube in meiner
Seele. Jetzt ist für meine Seele der Lenz gekommen, wo sie die
Nähe ihres Freundes sucht; nun muß sie sich aufraffen aus ihrer
angebornen Trägheit und ihren alten Umgang meiden. Hissen wir
das Segel nicht auf, wenn der Wind günstig ist, so sind wir
töricht und ernstlich zu tadeln: wir sollten die Zeiten der
Erquickung nicht unbenutzt vorübergehen lassen. Wenn der Herr
Jesus selbst uns mit seiner Liebe heimsucht und uns auffordert,
uns zu erheben, wie können wir so böse sein, und sein Verlangen
abweisen? Er ist auferstanden, auf daß Er uns nach sich ziehe;
Er hat uns nun durch seinen Heiligen Geist erquickt, damit wir
in Erneuerung unsres Lebens uns in die himmlischen Wohnungen
begeben und uns seines Umgangs erfreuen. Unser Winter mit seiner
Kälte und Gleichgültigkeit mag nun aufhören; wenn der Herr einen
Frühling in uns schafft, so laß den Saft mit neuer Kraft
aufsteigen und unsern Zweig Knospen treiben mit heiligem Ernst.
O Herr, wenn in meinem erstarrten Herzen noch kein Frühling ist,
o, so bitte ich Dich, erwecke ihn, denn ich bin herzlich müde,
Dich zu missen. Ach! wann willst Du den langen harten Winter
auftauen? Komm, Heiliger Geist, und erneuere meine Seele! Belebe
mich, erquicke mich, und sei mir gnädig! In dieser Abendstunde
will ich den Herrn ernstlich bitten, Mitleid zu haben mit seinem
Knecht, und mir eine selige Erneuerung geistlichen Lebens zu
gewähren.