Spr 26,20
W.MacDonald
»Wo das Holz zu Ende geht, erlischt das Feuer...«
Sprüche 26,20
Zwei Männer streiten sich. Der eine wirft dem anderen eine
ärgerliche Bemerkung an den Kopf, und der andere reagiert
gleich mit einer scharfen Erwiderung. Der eine beschuldigt
den anderen hitzig, und der kontert mit gleicher Heftigkeit.
Keiner von beiden will jetzt mehr aufhören, weil sein
Schweigen als Schwäche oder Niederlage gedeutet werden
könnte. Und so wird das Feuer nur noch schlimmer, und der
Haß wogt hin und her.
Aber es gibt auch ein anderes Bild. Ein Mann überschüttet
seinen Gegner mit einer Flut von Worten, aber der zahlt ihm
eben nicht mit gleicher Münze zurück. Der erste versucht,
die Sache zu verschärfen, den anderen zu ärgern, zu
verleumden und zu beschämen. Aber der weigert sich einfach,
auf den Streit einzugehen. Endlich erkennt der
Einzelkämpfer, daß er nur seine Zeit verschwendet, und so
zieht er ab, während er noch vor sich hin murmelt und flucht.
Hier ist das Feuer ausgegangen, weil der, der sich
verteidigen sollte, kein Öl hineingießen wollte.
Dr. H.A. Ironside traf oft nach einer Veranstaltung mit
Leuten zusammen, die mit ihm über irgendetwas diskutieren
wollten, was er gesagt hatte. Gewöhnlich regten sie sich
dann nur über Nebensächlichkeiten auf, und das Gespräch ging
nicht über grundsätzliche Lehraussagen. Dr. Ironside hörte
dann geduldig zu, und wenn der streitbare Mitmensch einmal
Luft holen mußte, sagte er immer: »Nun gut, mein Bruder, wenn
wir einmal in den Himmel kommen, dann wird sich erweisen, daß
einer von uns im Unrecht ist, und möglicherweise bin ich
das.« Diese Antwort befreite den guten Doktor immer recht
schnell, so daß er schon bald mit jemand anderem sprechen
konnte.
Wie nehmen wir denn Kritik auf? Verteidigen wir uns sofort,
vergelten wir Gleiches mit Gleichem, lassen wir umgehend
allen kritischen Gedanken freien Lauf, die wir jemals über
den anderen gehabt haben? Wir könnten auch nur ruhig sagen:
»Bruder, ich bin froh, daß du mich nicht besser kennst, denn
dann hättest du noch viel mehr an mir auszusetzen.« Eine
solche Antwort hat schon manches Zornesfeuer ausgelöscht.
Ich denke, daß die meisten von uns schon einmal einen Brief
bekommen haben, aus dem ihnen ein solch scharfer Wind
entgegenblies, daß sie aus allen Wolken fielen. In solch
einem Moment ist die natürliche Reaktion, daß wir unsere
Feder in reine Salzsäure tauchen und eine scharfe Erwiderung
verfassen wollen. Das facht das Feuer nur an, und schon bald
gehen giftige Briefe hin und her. Wieviel besser wäre es,
als Antwort nur einen einfachen Satz zu schreiben: »Lieber
Bruder, wenn du mit jemandem kämpfen und streiten willst,
dann tu das doch bitte mit dem Teufel.«
Das Leben ist viel zu kurz, um es mit Selbstverteidigung,
Streiten und heftigen Wortwechseln zu vergeuden. Solche
Dinge bringen uns nur ab von dem, was von höchster
Wichtigkeit ist, sie schwächen unsere geistliche Haltung, und
sie verderben unser christliches Lebenszeugnis. Andere mögen
die Fackel schwingen, mit der sie absichtlich das Feuer
eröffnen wollen, aber wir haben das Öl unter Kontrolle. Wenn
wir uns weigern, es weiter ins Feuer zu gießen, dann wird das
Feuer auch ausgehen.