Sprüche

Spr 18,13 W.MacDonald »Wer Antwort gibt, bevor er zuhört, dem ist es Narrheit und Schande.« Sprüche 18,13

Modern formuliert könnte man den Vers so wiedergeben: »Was für eine Schande, ja, wie dumm ist es, zu entscheiden, bevor man überhaupt die Sachlage kennt! « Das ist eine wichtige Lehre auch für uns. Man kann keine vernünftige Entscheidung treffen, bevor man alle Tatsachen untersucht hat. Leider warten viele Christen nicht, bis sie beide Seiten in einer Sache gehört haben. Sie bilden sich ihr - oftmals völlig falsches - Urteil schon aufgrund einer Geschichte, die sie von irgend jemand gehört haben.

Gary Brooks war einer der Diakone einer evangelikalen Gemeinde in den USA. Er war ungeheuer bekannt und beliebt. Er hatte eine sehr herzliche und offene Art. Immer wenn er in einen Raum voller Leute kam, schien es hell zu werden. Er zeichnete sich dadurch aus, daß er den Mitgliedern seiner Kirche diente, wenn sie Hilfe brauchten. Er behandelte auch die älteren Leute in seiner Gemeinde besonders aufmerksam. Seine Frau und seine zwei Söhne waren ebenfalls aktiv im Leben der Gemeinde engagiert. Die Brooks galten allgemein als eine vorbildliche Familie.

Daher wirkte es wie eine Bombe, als plötzlich das Gerücht aufkam, daß die Ältesten der Gemeinde Gary Brooks aus disziplinarischen Gründen aus seiner Arbeit als Diener der Gemeinde entfernt und ihn gebeten hätten, von der Teilnahme am Abendmahl abzusehen. Freunde taten sich empört zu seiner Verteidigung zusammen und riefen andere Gemeindemitglieder auf, sich gegen die Entscheidung der Ältesten zur Wehr zu setzen. Die Ältesten wollten das, was sie wußten, nur sehr ungern an die große Glocke hängen. So mußten sie sich anhören, wie die Tugenden von Gary Brooks in den höchsten Tönen gelobt wurden, obwohl sie wußten, daß die Kehrseite der Medaille sehr viel anders aussah. Und sie mußten sich im Laufe der Sache auch noch heftig beschimpfen lassen.

Welche Informationen hatten die Ältesten nun eigentlich? Sie wußten, daß Brooks' Ehe auf der Kippe stand, weil er schon längere Zeit ein Verhältnis mit seiner Sekretärin hatte. Sie wußten, daß er sich widerrechtlich Gelder der Gemeinde angeeignet hatte, um seinen gehobenen Lebensstil finanzieren zu können. Sie wußten, daß er sich mit sehr unfairen Geschäftspraktiken hervorgetan hatte und daß sein Ruf in der Geschäftswelt denkbar schlecht war. Und sie wußten außerdem, daß er sie angelogen hatte, als sie ihn mit Beweisen für sein Fehlverhalten konfrontiert hatten.

Anstatt sich der zu beugen, hatte Gary Brooks seine Freunde in offener Herausforderung organisiert und war damit sogar das Risiko eingegangen, die Gemeinde zu spalten. Schließlich sprachen ein paar seiner Gefolgsleute mit einem der Ältesten und erfuhren dadurch etwas von den traurigen Tatsachen, doch sie schämten sich zu sehr, jetzt noch eine Kehrtwendung zu machen. Und so kämpften sie weiter für Brooks.

Drei Dinge können wir aus alledem lernen. Erstens: Versuchen wir nicht, uns schon ein Urteil zu bilden, bevor wir alle Tatsachen kennen. Zweitens: Wenn wir nicht alle Tatsachen in Erfahrung bringen können, halten wir uns mit unserem Urteil zurück. Und drittens: Lassen wir es nicht zu, daß die Bande der Freundschaft uns dazu bringen, Unrecht zu verteidigen.

(Anmerkung des Herausgebers: Der biblische Weg wäre gewesen, wenn die Zucht von der ganzen Gemeinde ausgegangen wäre.)