Ps 145,2
C.O.Rosenius
Ich will Dich täglich loben und Deinen Namen rühmen immer und
ewiglich. Ps. 145, 2.
Um dazu aufgemuntert werden zu können, den Herrn zu loben und
Ihm zu danken, ist es notwendig, ernstlich zu bedenken, was
Er uns Gutes getan hat. Bedenke einmal, daß wir alle jene
Vaterliebe Gottes haben, von der die ganze Schöpfung zeugt.
Wir haben das ganze Verdienst und die Fürsprache des Sohnes,
so daß keine Sünde uns zugerechnet wird und kein Gesetz,
keine Drohung uns trifft. Wir haben auch den Heiligen Geist
mit aller Seiner Gnade, Zucht und Erquickung in unseren
Herzen! Ist es etwa ein geringes Ding, nur Gott allein zu
haben? - Nur Gott allein - Seine Freundschaft und Sein
Reich? - Der Herr bewahre uns, daß wir wegen einer solchen
Undankbarkeit nicht in ein schlimmeres Übel geraten! Höre
darum nicht eher auf, Gott anzurufen, als bis du ein Herz
erhalten hast, das sein größtes Glück und seinen Frieden
nur in Ihm und in Seiner Freundschaft hat. Dann hast du
den Grund des ewigen Friedens, der ewigen Seligkeit und
der Dankbarkeit.
Alsdann kann dein Herz auch durch unzählige andere
Gnadenbeweise zum Lob Gottes erweckt werden. Wenn du auf
das alte Jahr zurückschaust, wie viele große Wohltaten hat
Gott der Herr dir doch in ihm erwiesen, dir und der ganzen
Gemeinde Gottes! Wie viele Proben Seiner Nähe und Seiner
zärtlichen Fürsorge hast du erfahren dürfen! Vielleicht bist
du manches Tages und mancher Nacht eingedenk, wo du bittere
Besorgnisse auf deinem Herzen hattest. Du sahst nicht, wie
dieses oder jenes gut ausgehen sollte, aber du riefst zum
Herrn in deiner Not, und Er erhörte dein Gebet und half dir.
Wie viele Sünden hat er dir vergeben, und welche zärtliche
Hirtenfürsorge hat Er um deine Seele gehabt und dir zur
Erweckung und Züchtigung bald etwas Bitteres und
Beunruhigendes zugesandt, wenn es nötig war, bald wieder
Trost, Erquickung und Freude, wenn dieses dir dienlich war!
Seine Wohltaten sind sicher nicht zu zählen. Und jetzt will
Gott für dies alles nur ein dankbares Herz haben. Zu
gleicher Zeit ist dieses deine eigene Seligkeit. Dabei
breitet Gott stets neue Gnade auf die dankbaren Kinder
aus und erweist ihnen beständig mehr und mehr Gutes.
Fühlst du nun Dankbarkeit in deinem Herzen, dann fragst du
sicher auch, wie du sie gegen deinen so guten Gott beweisen
sollst. Darum auch davon einige Worte. Das erste, was
unserem Gott sehr wohl gefällt, ist ein dankbares und
zufriedenes Herz. Er will nur, daß du Seiner großen Güte
und deines großen Glückes, Seine Freundschaft zu besitzen,
eingedenk sein sollst, so daß du deshalb auch einige
Beschwernisse während der Wanderung erdulden kannst, ohne
sogleich wie die Kinder Israel in der Wüste zu murren und zu
klagen, zumal du wegen aller dir erwiesenen Liebe glauben und
bedenken mußt, daß dir nichts Bitteres geschieht, was nicht
zu deinem eigenen Besten von Gott dir zugesendet ist. Dies
also ist das erste, was zur Dankbarkeit gehört: Ein mit allen
Fügungen Gottes zufriedenes Herz.
Zum anderen mußt du deinem guten Gott im Gebete auch oft
herzlichen Dank und Lob für alle Seine Wohltaten sagen.
Fange das Gebet stets mit einem herzlichen Lob an, danke für
die väterliche Liebe Gottes, daß Er uns Seinen Sohn gab, für
das ganze Verdienst des Sohnes, welches bewirkt, daß keine
Sünde dich verdammt, für die Pflege, Zucht und Erquickung des
Heiligen Geistes. Sprich wie ein Kind und sage: ,,Heiliger,
allerliebster Vater, Dir sei ewig Lob und Dank, daß Du mich
durch Deinen Sohn aus dem Reich der Sünde und des ewigen
Todes erlöst und mir schon hier das ewige Leben geschenkt
hast! Dir sei ewig Lob und Dank, daß ich die schwere Last
meiner Sünden nicht mehr zu tragen brauche, auch nicht das
Feuer der Hölle schmecken soll, sondern in dem seligen
Paradies ewig bei Dir sein werde". Dies ist eine sehr
heilsame, liebliche und stärkende Übung für den inwendigen
Menschen. Gottes Kinder sollten diese Übung nie versäumen.
Und - wie schon einmal gesagt wurde - alle deine Gebete
werden ganz anders sein, wenn du anfängst, Gott für das
Gute zu danken, das Er dir schon erwiesen hat. Dein sonst
so trockenes und lebloses Gebet erhält dadurch neue Freude
und Hoffnung, daß Er dir auch jetzt Gutes tun kann.
Drittens muß die Dankbarkeit gegen Gott auch mit Werken
bewiesen werden. Sei wegen der großen Gnade Gottes gegen
dich auch willig, deinen Mitmenschen gern zu dienen, auch
wenn sie es nicht verdienen; tu es wegen des guten Gottes,
indem du willig bist, dem Hungrigen Brot, dem Nackten
Kleidung zu geben, auch willig bist, zur Verkündigung und
Ausbreitung des Wortes Gottes beizutragen und auch das Böse
willig erduldest und gern vergibst, weil Gott dich auch so
beständig erduldet und dir vergibt. Dies ist die rechte
Dankbarkeit, dies sind die wahren guten Werke, die aus der
rechten Quelle fließen, und wir werden erkennen, daß die
Dankbarkeit gegen Gott der rechte Lebenssaft und die wahre
Stärke des ganzen Christentums ist.
Wenn wir dies nun aber nicht nur verstehen, sondern auch
recht üben wollen, dann werden wir erfahren, daß wir hierzu
die Gnade und die Hilfe des Geistes Gottes nötig haben. Ach,
wie elend ist doch unsere Natur! Sie will sich nur freuen
und danken, wenn etwas Angenehmes geschieht. Gott, den
Herrn) zu allen Zeiten preisen zu können, auch wenn Er uns
züchtigt und prüft, das ist allein ein Wunder Gottes, wozu
wir nur durch viel Übung, vielen Kampf und viel Gebet bereit
werden. Laßt uns Gott fleißig bitten, daß Er uns alles dies
um Seines geliebten Sohnes willen verleihen möge! Amen.
Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen,
Der große Dinge tut an uns und allen Enden,
Der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an
Unzählig viel zu gut und noch jetzt hat getan.