Ps 84,7
C.H.Spurgeon
,,Sie erhalten einen Sieg nach dem andern."
Ps. 84, 7.
Sie erhalten einen Sieg nach dem andern. Diese Stelle wird
verschieden übersetzt, aber alle diese Übersetzungen geben
übereinstimmend den Sinn eines Fortschrittes. Unsre
gebräuchliche Bibelübersetzung gibt uns für die heutige
Betrachtung Stoff genug zum Nachdenken. ,,Sie erhalten einen
Sieg nach dem andern." Das heißt, sie werden immer männlicher,
immer mächtiger, immer mutiger. Im Kampfe, auf dem Marsche folgt
gewöhnlich nach Sieg und Kraft Ermattung und Ermüdung; wir
erheben uns munter und frisch am Morgen, aber der Tag wird heiß,
die Sonne brennt, wir wischen den Schweiß von der Stirn und
sehnen uns nach erquickender Rast, und dann geht's fort zu neuer
Anstrengung. Aber der christliche Streiter, der stets neue
Gnadenstärkung empfängt, ist nach jahrelanger Mühe und
unausgesetztem Kampfe so frisch und kräftig, wie im Anfang. Er
ist vielleicht nicht mehr so feurig und flink, nicht mehr so
hastig und hitzig in seinem Eifer, wie ehemals, aber dafür ist
er gewiegter in allem, was wirkliche Kraft heißt, und schreitet,
wenn auch bedächtiger, doch umso sicherer voran. Manche
silberlockige, erfahrene Kriegsleute haben sich so tapfer und
treu um das Panier der Wahrheit geschart, haben es so siegreich
in den Kampf getragen, wie in ihren jugendlichen Tagen; aber
leider muß zugegeben werden, daß dies nicht immer der Fall ist;
denn in vielen erkaltet die Liebe, und die Ungerechtigkeit nimmt
überhand; aber daran ist ihre eigne Sünde Schuld und nicht die
Verheißung, die noch immer feststeht in guten Treuen: ,,Die
Knaben werden müde und matt, und die Jünglinge fallen. Aber die
auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit
Flügeln, wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß
sie wandeln und nicht müde werden." Furchtsame Seelen sinken
nieder und kümmern sich um die Zukunft. ,,Ach!" rufen sie, ,,wir
erhalten eine Trübsal nach der andern." Freilich, du
Kleingläubiger, aber eben damit erhältst du auch einen Sieg nach
dem andern. Du findest nie ein Bündel Trübsal, in welches nicht
auch genügende Gnade mit eingebunden wäre. Gott schenkt uns mit
der Bürde, die Er erwachsenen Schultern auferlegt, auch die
Stärke der reifen Manneskraft. Denn Er ist der Herr, dein Gott,
der deine rechte Hand stärket, und zu dir spricht: Fürchte dich
nicht, ich helfe dir!
A.Christlieb
Sie erhalten einen Sieg nach dem andern, daß man sehen muß,
der rechte Gott sei zu Zion. Herr, Gott Zebaoth, höre mein
Gebet, vernimm's Gott Jakobs. Psalm 84, 7 u. 8
Luthers Übersetzung dieser Worte enthält gottgewollte
beglückende, biblische Gedanken. Wir wollen anhand derselben
fragen: Wer darf von Sieg zu Sieg fortschreiten? Es könnte
so scheinen, als gelte das nur für die Lehrer, von denen es
im Vers zuvor heißt, sie würden mit viel Segen geschmückt.
Aber das ist nicht der Fall. Der Psalm spricht allgemein von
den Menschen, die ein tiefes, ständiges Verlangen nach der
Gemeinschaft mit Gott haben, deren eigentliche Heimat der
stille Gebetsplatz an Gottes Altären ist. Es sind die,
welche nicht sich selbst für stark halten (dann gingen sie
von Niederlage zu Niederlage!), sondern die Gott für ihre
Stärke halten und von Herzen ihm nachwandeln. Diese allein
erhalten einen Sieg nach dem anderen und werden ihren
Mitmenschen zum Heil. Sie sind es, die hier im Jammertal
Brunnen machen und mit viel Segen geschmückt werden. - Und
wozu gibt Gott ihnen einen Sieg nach dem anderen? Etwa,
damit ihr Ruhm groß und größer werde? Nein. Vers 8 sagt:
,,daß man sehen muß, der rechte Gott sei zu Zion." Sogar
einem Ahab hat Gott einen zwiefachen Sieg gegeben (1. Kön.
20, 13 und 28), damit Ahab und die Syrer merken sollten, Gott
ist nicht nur ein Gott der Gründe, sondern auch ein Gott der
Berge. - Welches ist denn das Geheimnis dieser Männer, die
von Sieg zu Sieg schreiten? Das zeigt uns der Vers 9:
,,Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet!" Mit der Waffe des
Gebetes gehen sie gegen die feindlichen Mächte an und stehen
fest in Schwierigkeiten und Nöten. Verachtung und Ehre, in
Mangel und Fülle. Der Umgang mit Gott ist ihnen das
Wichtigste. - Wie steht es in diesem Stück bei uns?
J.Kroeker
Über unsere Erquickungen vom Herrn.
"Wandeln sie durchs Bakatal, zum Quellort macht Er es, ja,
der Frühregen hüllt es in Segen. Sie gehen von Kraft zu
Kraft, bis sie vor Gott in Zion erscheinen." Ps. 84,7-8.
Die alten Übersetzungen deuten alle das Bakatal bildlich und
übersetzen es gleich im übertragenen Sinne mit "Tränen- oder
Jammertal". Da die Bakastaude eine Art Balsampflanze ist,
die nur auf dürrem Boden wächst, so ist vielmehr anzunehmen,
dass mit den Bakatälern ganz allgemein jene öden Gegenden
bezeichnet werden sollten, durch die besonders der vom
Süden kommende Festpilger auf seinem Wege zur Stätte seiner
Sehnsucht zu gehen hatte. Diese Täler waren nicht ohne Grund
für den Pilger ein Gegenstand der Furcht. Denn in ihnen
fehlten alle natürlichen Vorbedingungen für die Erfrischung
und Erquickung der müden Festpilger.
Jedoch der Dichter will sagen, wenn auch solche öden
Bakatäler auf dem Wege liegen mögen, werden sie von denen
durchschritten, die ihrem Gott in Zion begegnen wollen, dann
macht der Herr sie zu einem Quellort. Es gibt nämlich einige
alte Handschriften, die das Verbum nicht im Plural, sondern
im Singular gebrauchen und es "Gott" zuschreiben, dass Er das
Bakatal zu einem Quellort macht. So sehr das Lied nun auch
in Bildern und in der Sprache der Vergangenheit redet, was es
im tiefsten Grunde hat sagen wollen, das erlebt auch unsere
Seele. Auch auf ihrem Wege zu Gott gibt es manches Bakatal.
Der Weg zum Vaterhaus führt durch manche Wüste. Einst sagte
eine Kleine, als sie in ihrem Leiden den Tod vor Augen sah:
"Vater, ich fürchte mich, allein zu gehen, denn ich schaute
einmal in ein Grab hinab, und das war so dunkel!" Wer das
Leben in seiner harten Wirklichkeit kennen gelernt hat, weiß
jedoch, dass nicht nur das Grab, auch das Leben gelegentlich
sehr dunkel sein kann. Wer das Leben mit seinen äußeren und
inneren Kämpfen, mit seinen Enttäuschungen und Entbehrungen,
mit seinen Ungerechtigkeiten und Bedrückungen, mit seiner
Kälte und Rücksichtslosigkeit, mit seinen Nöten und Leiden
kennt, der weiß, wie öde so ein Bakatal sein kann.
Wir können unsere Bakatäler nicht in einen Quellort
verwandeln. Gott aber vermag es. Auch heute noch vermag Er
Ströme fließen zu lassen mitten in der Wüste. Man frage
nicht, wie Er das machen kann. Das weiß Er allein. Wir
können nur bezeugen, dass Er es kann.Wie Er es macht, dass
deine Tränen getrocknet, dein tiefes Weh gestillt, deine
Lücken ausgefüllt, deine Leiden dir zur Segensquelle werden,
deine zusammengebrochenen Stützen dir ersetzt werden, das
sind seine Geheimnisse. Aber es gibt ein verklärtes Leid,
und es gibt Tränen, aus denen der erlebte Trost Gottes
glänzt. Sie bezeugen alsdann, dass Gott auch ein Bakatal
zum Quellort machen kann.