Ps 81,11
C.O.Rosenius
Mein Volk gehorcht nicht Meiner Stimme; so habe Ich sie
gelassen in ihres Herzens Dünkel, daß sie wandeln nach ihrem
Rat. Ps. 81, 11 u. 12.
Wir sehen hier, was die Folge sein wird, wenn man die Zeit,
in der man heimgesucht wird, nicht erkennt, sondern dem
Heiligen Geist Gottes widersteht und Ihn betrübt. Er muß
dann weichen. Was sollte der barmherzige Gott auch anderes
tun? Er hat aus ewiger, unfaßlicher Liebe uns Seinen
eingeborenen Sohn gesandt. Der ist zu uns gekommen und
unser Bruder und Mittler geworden. Er hat unsere Sünden und
Pflichten auf sich genommen, wurde Diener Seiner Diener und
hat das Gesetz für uns erfüllt, sowie durch bitteres Leiden
und Sterben unsere Missetaten gesühnt und uns das Kindes- und
Erbrecht im Himmel wieder erworben. Er sendet uns nun Seinen
Heiligen Geist, der uns gnädig besucht, an unsere Herzen
klopft und uns zum Gastmahl der Gnade einlädt. - Und alles
das soll vergeblich sein? Wir verachten im Gegenteil
unausgesetzt sowohl Seine Warnungen als auch Seine Gnade,
lieben unseren ,,Acker und unsere Hantierung" mehr als die
Gnade Gottes, lieben die Freundschaft der Welt mehr als die
Freundschaft Gottes und widerstehen deshalb beständig Seinem
Heiligen Geist und betrüben Ihn! - Was sollte Er dann
anderes tun, als uns dem Rat unseres eigenen Willens zu
überlassen und zu sprechen:
,,Wollt ihr Mir nicht folgen, so sollt ihr dem Teufel und
euren eigenen Lüsten folgen!" Damit überläßt er den Menschen
sich selbst; der ist sofort tot und verstockt, so daß kein
Wort Gottes ihn zu rühren vermag, er kann vielmehr in aller
Sicherheit in der Sünde verbleiben, der Lüge glauben und in
allen Irrtum, in Sünde und in Schande fallen. - Nun heißt
es: ,,Sie gehorchen nicht Meiner Stimme; so habe Ich sie
gelassen in ihres Herzens Dünkel, das sie wandeln nach ihrem
Rat." ,,Sie werden sündigen, und es wird ihnen nicht
gelingen". Der Apostel sagt: ,Weil sie wußten, daß ein Gott
ist, und haben Ihn nicht gepriesen als einen Gott, noch Ihm
gedankt, sondern sind in ihrem Dichten eitel geworden, und
ihr unverständiges Herz ist verfinstert, darum hat sie Gott
auch dahingegeben, in ihrer Herzen Gelüste, in Unreinigkeit."
,,Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren
geworden." So geschieht es, daß ein Mensch verstockt
wird. Bedenkt, was dies heißen will! Alles geistliche
Empfindungsvermögen hört auf. Man wird ganz gleichgültig und
kalt, unzugänglich für jedes Wort Gottes. Der Sinn wird
leicht und sorglos; weder die lieblichen Rufe der Gnade noch
die Pfeile des Gesetzes können diesen finsteren Todesschlaf
erschüttern. Man fühlt keine Reue mehr über das Vergangene,
keine Besorgnis für das Zukünftige. Wie ein toter Körper
eine feurige Kohle nicht fühlt, die auf ihn gelegt wird, oder
wie ein Regentropfen nicht in einen harten Felsen eindringt,
wenn es auch aus allen Fenstern des Himmels herniederströmt,
so ist es auch mit dem bewandt, dessen Herz verstockt ist:
Wenn er in der Kirche ist, wird er selbst von den kräftigsten
Wahrheiten nicht bewegt, auch wenn diesen bei allen anderen
die ,,Kraft und Beweisung des Geistes" folgt. Er kann Tauf-
oder Abendmahlsfeiern beiwohnen, ohne daß sie eine tiefere
Wirkung in ihm auslösen. Ebensowenig wird er durch ein
Leichenbegängnis gerührt. Breite die Herrlichkeiten des
Himmels vor ihm aus; sie locken ihn nicht. Zeige ihm die
Qual der Verdammten; er erschrickt nicht. Der Freund mag ihn
bitten, er achtet es nicht. Lehrer mögen ihn warnen, es
rührt ihn nicht. Er ist wie ein Stein, der zerspringen kann,
der aber nicht schmilzt und nicht weich wird. So ergeht es
auch dem Verstockten. Hier erfüllt sich das Wort: ,,Wehe
ihnen, wenn Ich von ihnen gewichen bin!" Unsere Bitte sollte
darum sein: Ach, mein Gott, laß mich gern arm und zum Bettler
werden, laß mich gern krank, blind und taub werden, laß mich
aber nur nicht verstockt werden! ,,Verwirf mich nicht von
deinem Angesicht und nimm Deinen Heiligen Geist nicht von
mir!"
Wer noch über sich selbst erschrecken, wer von dem Worte
Gottes noch gerührt werden kann zur Bekehrungssorge, zur
Lust, glauben zu können und ein Kind Gottes zu sein, der
hat genügenden Beweis in sich selbst, daß er nicht in einen
verkehrten Sinn dahingegeben ist. Er hüte sich vor dem
Teufel, welcher sagt: ,,Du bist dir dessen bewußt, daß du
Sünden hast, die dir beständig folgen; darum mußt du von
Gott verlassen sein." Nein, daß die Sünde uns verfolgt, das
beweist nichts. Das ist die Klage aller Gläubigen, solange
sie leben. Darf der Geist dich strafen und suchst du
Erlösung, hältst du dich indessen an den Gnadenthron, hörst
das Evangelium und suchst - aller Vernunft und allem Gefühl
entgegen - an das ewig reinigende Blut zu glauben, dann wohnt
der Geist noch bei dir wie in Seiner rechten Werkstatt. Sein
Amt besteht ja darin, kranke Sünder zu pflegen. Würdest du
ganz frei von jeder Sünde, dann hätte Er nichts mehr bei dir
zu tun. Sein Reich ist das der Sünder. Laß dich darum nicht
irreleiten. Nur die, welche ,,sich nicht vom Geist Gottes
strafen lassen", muß Er verlassen, und davor bewahre uns Gott
in Gnaden!
O Heil'ger Geist, bewahre mich,
Dich ja nicht zu betrüben!
Schreib' in mein Herze, was durch Dich
Im Lebenswort geschrieben.
Stärk' mich mit Kraft, mit Deiner Gnad'
Daß Deinem liebevollen Rat
Ich stets gehorsam bleibe.