Ps 73,24
C.H.Spurgeon
,,Du leitest mich nach Deinem Rat, und nimmst mich endlich mit
Ehren an."
Ps. 73, 24.
Der Psalmist fühlte, wie sehr er der göttlichen Leitung
bedürftig sei. Er hatte unlängst die Torheit seines Herzens
erkannt, und damit er durch dieselbe nicht beständig aufs neue
möchte irre geleitet werden, faßte er den Entschluß, daß ihn von
nun an Gottes Rat sollte leiten und regieren. Die Erkenntnis
unsres Mangels an Einsicht ist ein großer Schritt vorwärts zum
Weisewerden, wenn sie uns dazu veranlaßt, daß wir uns ganz auf
die Weisheit des Herrn verlassen. Denn wir wissen bestimmt,
daß auch wo wir's nicht einzusehen imstande sind, es dennoch
allezeit das Beste und Sicherste für uns ist, auf den
allsehenden Gott zu vertrauen. ,,Du leitest mich." Das ist ein
köstlicher Ausdruck des unbedingtesten Vertrauens. David war
dessen gewiß, daß der Herr sein herablassend liebevolles Werk
nicht aufgeben würde. Das ist ein Wort für dich, du gläubige
Seele; verlasse du dich darauf. Sei versichert, daß dein Gott
will dein Ratgeber und Freund sein; Er will dich leiten; Er will
alle deine Wege bereiten. In seinem geschriebenen Wort ist dir
diese Zusicherung zum Teil schon in Erfüllung gegangen, denn die
Heilige Schrift ist sein Rat für dich. Selig sind wir, wenn wir
Gottes Wort stets lassen unsre Richtschnur und Leitung sein! Was
wäre der Seemann ohne seinen Kompaß? Und was wäre der Christ
ohne seine Bibel? Sie ist die untrügliche Karte, die Seekarte,
auf welcher jede Untiefe verzeichnet steht, wo alle Fahrstraßen
von den Sandbänken des Verderbens bis zum himmlischen Hafen des
Heils angegeben und eingetragen sind von einem, der vertraut ist
mit dem ganzen Seeweg. Hochgelobt seist Du, o Gott, daß wir Dir
vertrauen dürfen, und daß Du uns jetzt leitest und leiten willst
bis ans Ende! Nach dieser Führung durch das Leben betrachtet der
Psalmist mit voraussehendem Blick die endliche göttliche
Annahme: ,,und nimmst mich endlich mit Ehren an." Welch ein
Gedanke, liebe gläubige Seele! Gott selber will dich mit Ehren
annehmen - ja, dich! Du irrst ab, und streifst auf Abwegen hin
und her und strauchelst, und dennoch will Er dich endlich
wohlbehalten einbringen zur Herrlichkeit! Siehe, das ist dein
Erbteil; erquicke dich heute daran, und sollten dich auch
Schwierigkeiten rings umgeben, so gehe in der Kraft dieses
Wortes geradeswegs hin zum Thron der Herrlichkeit.
C.Eichhorn
Gottes weise Führung
Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich endlich
mit Ehren an. Ps. 73, 24
Zu dieser Glaubensgewißheit kam Asaph, der Dichter des 73.
Psalms, erst nach schweren Kämpfen. Er konnte sich in die
Wege Gottes nicht finden. Den Gottlosen gelingen ihre Pläne.
Sie gedeihen, sie kommen vorwärts und triumphieren. Den
Frommen geht's übel. Nicht die Barmherzigkeit Gottes,
sondern ihre Plage ist täglich neu. Es reiht sich ein Jammer
an den andern. Das sieht aus wie ein sinnloses Spiel des
Zufalls. So etwas legt sich als ein dunkles Rätsel schwer
auf die Seele. Asaph wollte schier irre werden und
straucheln, bis er ins Heiligtum ging und sein Herz vor Gott
ausschüttete. Da fiel ein Lichtstrahl von oben ins Dunkel.
Aufs letzte Ende kommt es an: dies wurde ihm klar. Ein
Ratschluß Gottes waltet in meinem Ergehen. Es ist alles von
ihm weise geordnet. Er hat seinen Plan für mich gemacht, und
sein Ziel ist Herrlichkeit. Das wurde ihm im Glauben gewiß.
So ist es. Gotteskinder stehen unter der genauesten Leitung
ihres Vaters im Himmel. Es ist alles wohl bedacht und
sinnvoll geordnet. Es scheint manchmal sinnwidrig. Es sieht
so aus, als seien Gotteskinder einfach der Willkür herzloser
Menschen preisgegeben, als seien sie ein Spielball blinder
Naturmächte, als fielen sie einem tückischen Schicksal zum
Opfer. Es scheint so, aber es ist nicht so. Hüten wir uns
vor dem vorlauten Dreinreden und Meistern! Gott fragt uns
nicht um Rat, und das ist gut. Vielleicht haben wir uns
selbst ins Unglück gesetzt. Wenn wir, wie der verlorene
Sohn, unsere eigenen Wege gehen, dürfen wir uns nicht
wundern, daß wir in Jammer und Elend geraten. Das wollen wir
nicht unserem Gott zuschieben. Es geht nach dem Wort: "Es
ist deiner Sünde Schuld, daß du so gezüchtigt wirst, und
deines Ungehorsams, daß du so gestraft wirst." Da heißt es,
in sich gehen und umkehren, dann kommen wir unter die gnädige
Hand Gottes, die alles zum guten Ende führt. Gott handelt
nach seiner Einsicht und Weitsicht. Er weiß besser, was uns
taugt, als wir. Eine Frau, die jahrelang ans Lager gefesselt
war, hatte sonst nicht viel geistliche Erkenntnis. Aber
eines stand bei ihr fest: "Es ist so der beste Weg für mich.
Wenn Gott einen andern, leichteren Weg für mich gehabt hätte,
so hätte er ihn eingeschlagen." Diese Gewißheit bewahrte sie
vor Bitterkeit und Murren, erhielt sie heiter und getrost.
Verdunkeln wir doch nicht den Ratschluß Gottes mit unserem
Unverstand wie einst Hiob in Stunden schwerer Anfechtung!
Laßt uns glauben und harren! Es löst sich schon hier manches
Rätsel, und einst wird alles klarwerden. Das Ziel Gottes mit
den Seinen ist Herrlicheit. Darum führt er sie Demütigungs-
und Zerbrechungswege. Aufs Ende kommt es an. "Du nimmst
mich zuletzt mit Ehren an oder in Herrlichkeit zu dir auf."
Wir bedenken nicht genug, was das Wörtlein "ewig" in sich
faßt. Sonst ließen wir uns die Schmerzenswege gern gefallen,
die in ewiger Herrlichkeit enden.