Ps 69,13
S.Keller
Psalm 69, 13: «... Gott, durch deine große Güte erhöre mich
mit der Treue deines Heils.»
Bestimmte Stufen des Leidens und der Anfechtung haben uns ihr
besonderes Stück der Gotteserkenntnis zu bringen. Da gehört
schon eine große Tiefe und eine langanhaltende Nichterhörung
unseres Flehens dazu, bis wir die sonderliche Seite der Treue
seines Heils erfahren. Daß er dennoch der treue Gott ist,
auf den wir uns bis zum äußersten verlassen können - gegen
allen Augenschein, gegen alles Reden der Leute, gegen alle
verzweifelnden Stimmungen unserer Seele - das lernen wir
nicht auf einem Nachmittagsspaziergang im Sonnenschein
erkennen. Da muß wirklich schon viel voraufgegangen sein,
bis sich aus seinen andern Eigenschaften, die wir früher
bemerkten, gerade die Treue seines Heils herausschält.
Sollen wir den schmerzhaften Mitteln, den langen, hilflosen
Stunden, den sich häufenden Schwierigkeiten grollen oder sie
schnell wegwünschen, wenn doch erst durch das alles seine
Treue sichtbar wird? Wie die Feuchtigkeit der Luft nötig
ist, damit die schönsten Farbenspiele des Sonnenuntergangs am
Meer unser Auge entzücken können, so waren die Nöte vorher
das Material, in dem sich die Treue Gottes ihr unvergeßliches
Bildwerk und Denkmal schuf.
Du bist dennoch unser treuer Gott, Herr Jesus Christus! Laß
uns fester und immer fester auf deine Treue bauen und uns
nicht verlassen auf Menschen. Wenn wir nur dich haben,
fragen wir nichts nach Himmel und Erde. Über solchem
Bekenntnis schweigt das bange Klagen und Fragen mit einmal
still. Amen.