Ps 65,11
C.H.Spurgeon
,,Du krönest das Jahr mit Deinem Gut."
Ps. 65, 11.
Gott segnet uns reichlich jede Stunde und Tag für Tag durch den
ganzen Kreislauf des Jahres; wenn wir schlafen, wie wenn wir
wachen, waltet seine Gnade über uns. Die Sonne überläßt uns die
gesetzte Zeit der Finsternis, aber unser Gott hört nie auf, mit
Strahlen der Liebe über seine Kinder zu scheinen. Wie ein Strom
fließt seine Freundlichkeit und Güte ohne Unterbrechung fort,
mit einer unerschöpflichen Fülle, wie Er selbst. Gleichwie der
Luftkreis die Erde beständig umgibt und das Leben des Menschen
bereitwillig erhält, so umgibt Gottes Güte alle seine Geschöpfe;
in ihr leben sie als in ihrem Element, in ihr bewegen sie sich
und haben sie das Wesen. Dennoch verhält es sich mit den
Gnadenerweisungen wie mit der Sonne, die uns in den Sommertagen
mit wärmeren und glänzenderen Strahlen erfreut als zu andren
Zeiten, und wie mit den Strömen, die nach dem Regen schwellender
hinabfließen, und wie mit der Luft, die manchmal von frischeren
Hauchen und balsamischeren Düften durchwogt wird als sonst. Die
göttliche Gnade hat ihre goldenen Stunden, ihre Tage des
Überströmens, wenn der Herr seine Barmherzigkeit an den
Menschenkindern verherrlicht. Unter den Segnungen der sichtbaren
Welt sind die fröhlichen Tage der Ernte eine besondere Zeit
überschwenglicher Güte. Es ist die Herrlichkeit des Herbstes,
daß in ihm die reifen Gaben der Vorsehung uns in überströmender
Fülle geschenkt werden; es ist die Zeit der Verwirklichung,
während vor der Zeit der Reife alles erst Hoffnung und Erwartung
war. Groß ist die Freude der Ernte. Glücklich fühlen sich die
Schnitter, die ihre Arme mit den reichen Gaben der Freigebigkeit
des Himmels füllen. Der Psalmist erzählt uns, daß die Ernte des
Jahres Krönungsfest ist. Wahrlich, die krönende Gnade und Güte
fordert uns auch zu krönendem Lob und Dank auf! Und dem wollen
wir nachkommen in innigsten Gefühlen der Dankbarkeit. Ach, daß
doch unsre Herzen recht warm würden! daß unser Geist sich
erinnerte, und es erwöge und bedächte, wie gnädig und gütig
unser Herr ist! Darum wollen wir Ihn preisen mit unserm Munde und
seinen Namen loben und erhöhen, denn aus seiner Güte quillt
aller dieser Reichtum des Segens. Wir wollen Gott damit
verherrlichen, daß wir Ihm unsre Gaben weihen.
C.H.Spurgeon
,,Deine Fußstapfen triefen von Fett."
Ps. 65, 11.
Der ,,Fußstapfen des Herrn," die ,,vom Fett triefen," sind
viele, aber eine ganz besondere Fußspur ist die des Gebets. Kein
gläubiger Christ, der oft in seinem Kämmerlein verweilt, wird
nötig haben auszurufen: ,,Wie bin ich aber so mager? Wie bin ich
aber so mager? Wehe mir!" Seelen, die Hunger leiden müssen, sind
die, die sich vom Gnadenstuhl ferne halten; sie werden wie die
verbrannten Fluren zur Zeit der Dürre. Anhaltendes Ringen mit
Gott im Gebet stärkt den Gläubigen, ja, es macht ihn glücklich.
Der nächste Ort an der Himmelspforte ist der Thron der
himmlischen Gnade. Bist du viel in der Stille, so erlangst du
viel innere Gewißheit; bist du selten mit deinem Jesu allein, so
steht dein Christentum auf schwachen Füßen; es wird von
mancherlei Zweifel und Furcht befleckt, und strahlt nicht in des
Herrn Freude. Weil aber die seelenerquickenden Fußstapfen des
Gebets auch den schwächsten Heiligen zum Vorwärtsgehen einladen;
weil keine hohen Befähigungen erforderlich sind; weil dir als
einem geförderten Christen nicht befohlen wird zu kommen,
sondern weil dir die Einladung offen steht, sobald du überhaupt
dich von Herzen zu Jesu bekennest: so siehe zu, lieber Christ,
daß du recht oft auf dem Pfade der stillen Sammlung und des
einsamen Gebets erfunden werdest. Wirf dich oft auf deine Kniee
nieder, denn damit hat Elia Regen herabgebracht auf die
ausgedürrten Gefilde Israels.
Noch ein andrer Pfad des Herrn trieft von Fett für die, die
darauf wandeln, es ist der verborgene Wandel der Gemeinschaft
mit dem Herrn. O, welche Wonne gewährt doch der Umgang mit Jesu!
Die Erde besitzt keine Worte, welche die heilige Ruhe einer
Seele zu schildern vermöchten, die an der Brust Jesu liegt.
Wenige Christen wissen, was das ist; sie leben in den
Niederungen und ersteigen selten die Höhen des Nebo; sie wohnen
im äußern Vorhof und kommen nicht ins Heiligtum, noch eignen sie
sich das köstliche Vorrecht des priesterlichen Amtes an. Sie
schauen von weitem dem Opfer zu, aber sie setzen sich nicht mit
den Priestern zum Mahl des Heiligen und erfreuen sich nicht am
Fett der Brandopfer. Aber du, liebe Seele, setze dich unter den
Schatten deines Jesus; komm herauf zu dieser Palme und fasse
ihre Zweige; dein Freund sei dir, wie ein Apfelbaum unter den
wilden Bäumen, so wirst du satt werden vom Mark und Fett. O Herr
Jesu, suche uns heim mit Deinem Heil!