Psalmen

Ps 62,5 C.H.Spurgeon ,,Er ist meine Hoffnung." Ps. 62, 5.

Das ist des Gläubigen Vorrecht, daß er eine solche Sprache führen darf. Wenn er danach trachtet, von der Welt etwas zu erlangen, so ist's wahrlich eine armselige ,,Hoffnung." Wenn er aber zu Gott aufblickt und von Ihm die Befriedigung seiner Bedürfnisse erwartet, einen Segen, sei's im Leiblichen, sei's im Geistlichen, so ist seine ,,Hoffnung" nicht eitel und umsonst. Er darf jederzeit einen Wechsel auf die Bank des Glaubens ausstellen und sich seine Forderung zahlen lassen aus den Schätzen der Güte und Freundlichkeit Gottes. Das weiß ich, daß ich weit lieber meinen Gott zu meinem Bankier hätte, als alle Geldfürsten dieser Welt. Mein Herr läßt's nie fehlen an der Erfüllung seiner Zusagen; und wenn wir seine Verheißungen vor seinen Thron bringen, so anerkennt Er sie jederzeit; Er sendet sie nicht ohne Erhörung zurück. Darum will ich getrost an seiner Tür warten, denn Er tut sie jedesmal auf mit der Hand seiner freigebigen Gnade. Auch in dieser Stunde will ich's wieder von neuem bei Ihm versuchen. Aber wir haben ,,Hoffnungen," die über dieses Leben hinausreichen. Wir werden bald sterben; und dann ist ,,Er unsre Hoffnung." Hoffen wir denn nicht, wenn wir auf dem Siechbette liegen, daß Er seine Engel sende, die uns in seinen Schoß tragen werden? Wir glauben, daß, wenn der Puls ermattet und das Herz schwer pocht, ein himmlischer Bote bei uns stehen und mit liebevollem Blick auf uns herabschauen und sprechen wird: ,,Schwester-Seele, komm mit mir!" Wenn wir der Himmelspforte nahen, hoffen wir, die selige Einladung zu vernehmen: ,,Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt." Wir erwarten goldne Harfen und unverwelkliche Kronen der Herrlichkeit; wir hoffen, in Bälde bei der Schar der Verklärten zu sein vor dem Throne; wir schauen in die Zukunft und sehnen uns nach der Zeit, wo wir unserm Herrn der Herrlichkeit gleich sein werden, denn ,,wir werden Ihn sehen, wie Er ist." Wenn dies deine ,,Hoffnung" ist, meine Seele, o, so lebe deinem Gott, lebe mit dem Wunsch und Willen, Den zu verherrlichen, von dem dir alle Erhörung kommt, der dich gnädig erwählt, versöhnt und berufen hat, und auf dessen Gnade du alle ,,Hoffnung" der zukünftigen Herrlichkeit bauest. ,,O Christ, erhebe Herz und Sinn! Hinauf! Schwing' dich zum Himmel hin!"





S.Keller Psalm 62, 5: «Aber sei nur stille zu Gott, meine Seele!»

Solange die Klagen und Wünsche durcheinander wogen, gibt's keine Gotteshilfe. Daher muß ich meine Seele stille machen; dann hört ein Teil des nervös machenden Geläufes meiner Gedanken und Empfindungen schon auf. Ich schließe die Augen für alles andere und suche nur einen feinen Faden zu spinnen: Will ich wirklich Hilfe von Gott? Habe ich meine zappelnden Versuche, mich selbst zu befreien, aufgegeben, die mich nur tiefer in das verwirrte Garn des Netzes hineinverstrickten? Ehrlich und offen gegen mich selbst: ich will nur von Gott Hilfe erwarten. Solche Wunderhilfe stellt aber Verpflichtungen ins Licht, bringt eine Verantwortung für mich und andere; sie kann eine Krisis auf Leben und Tod für den Glauben anderer heraufführen. Das zieht einen dritten Gedanken hervor: Würde es nicht Gottes Ehre und deiner Seele Wohl stärker fördern, wenn du zurechtkämst, ja zum Loben aus dieser Stille emporsteigen könntest, ohne solche äußerliche Wunderhilfe zu erleben? Dann werde ich erst ganz stille. Jetzt liegt mein Wille regungslos dem Meister zu Füßen, und ich verlange nichts mehr, als daß er mich liebt und seine Gnade mir leise wohl tut, einerlei, ob die äußere Not behoben ist oder nicht. So kann die Stille ihr Werk tun!

Herr Jesus, du warst mitten in der Unruhe der Welt sehr stille in dem Gehorsam gegen deinen Vater. Ach, gib mir nur ein kleines Stückchen solcher Willensstärke! Ich sehne mich nach dir und deiner Stille. Amen.