Ps 36,5
S.Keller
Psalm 36, 5: «Herr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist,
und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.»
Das ist ein Wort der Anbetung. Mir fehlt in unsern
Gottesdiensten oft der Moment der Anbetung. Darum muß man es
wenigstens daheim kennen und pflegen; daß man Pausen im
Bibellesen oder Beten macht und sich still in Gottes Nähe und
Größe, Herrlichkeit und Schönheit versenkt. Bisweilen kommt
uns in schöner Natur solch eine Anbetung, bisweilen beim
Gedanken an alles das, was er uns schon Gutes und Großes
getan hat. Aus solcher inneren Feierstunde stammt auch
dieses schöne Wort. So weit der Himmel ist - wer kann ihn
ermessen! Himmel, ist das die im Sonnenlicht blauscheinende
Atmosphäre, die unsern Erdball warm und freundlich umfängt,
dann ist das ein schönes, passendes Bild seiner Güte, die uns
rings umgibt. Und wenn der Himmel mit Wolken bedeckt ist,
wie wir sagen, daß wir nichts von seiner lichten Bläue sehen,
soll er uns mahnen an Gottes Wahrheit. Wolken waren dem
Morgenländer ein Bild des Segens. Seine Wahrheit wird uns
als Segen offenbar, trieft nieder als Lebensbalsam, macht
uns frei von unserm brennenden, vernichtenden Irrtum. Gott,
überall Güte und Wahrheit - wir so leicht unfreundlich und
unwahr - wie können wir zwei zusammenpassen, wenn nicht Jesus
Himmel und Erde verbindet!
Herr, unser Gott, wie herrlich bist du und wie elend wir!
Laß von deinem Reichtum einen hellen Schein ausgehen, der
unsere Herzen erfüllt mit Andacht, Lieb' und Freude! Amen.