Ps 32,2
C.Eichhorn
Dem Aufrichtigen läßt es Gott gelingen
Wohl dem Menschen, in des Geist kein Falsch ist! Ps. 32, 2
Liest man die Erzählung von Davids Fall, könnte man denken,
daß er sofort auf Nathans Bußpredigt sich gebeugt und
Vergebung erlangt habe. Dem ist aber nicht so. Mit Recht
beginnt in unserer Bibel der 13. Vers des 12. Kapitels
im 2. Buch Samuel mit einem fetten Buchstaben. Es liegt
ein längerer Zeitraum zwischen dem 12. und 13. Vers. Die
Psalmen bestätigen es. David fand nicht sofort Gnade. Es
war ein monatelanger Kampf in seiner Seele zwischen Lüge und
Wahrheit, zwischen Licht und Finsternis. Sünde und Lüge sind
unzertrennliche Begleiter. Lüge ist der Schatten der Sünde.
David suchte seinen Ehebruch zu vertuschen und wandte
allerlei Künste an, und als er schließlich den Mann der
Bathseba, den Uria, wegräumte, tröstete er sich damit: die
Feinde haben ihn erschlagen. Das Furchtbare an der Sünde
ist, daß sie das innere Auge oder das Wahrheitslicht im
Menschen schädigt. Je mehr einer sündigt, desto mehr
verliert er das Gefühl für Sünde und wird schließlich
verfinstert und völlig der Wahrheit beraubt. - Buße tun,
heißt wahr werden, sich unrecht und Gott recht geben und mit
einem ungeschminkten Bekenntnis hervortreten. David erkannte
in diesem furchtbaren inneren Kampf, daß alles darauf
ankommt, die verborgene Falschheit und Tücke zu überwinden.
Nur dem Aufrichtigen gelingt es. Er hat sich zuerst gewunden
und gedreht, er wollte sein Böses verschweigen oder doch
nicht völlig sich und andern eingestehen. Aber Gott ließ
nicht nach. Seine Hand lag Tag und Nacht schwer auf ihm. Er
mußte körperlich viel durchmachen. Er zehrte ab und schwand
dahin. Sein Lebenssaft vertrocknete. Er ging einher wie ein
Schatten. Endlich setzte er sich's vor: Ich will dem Herrn
meine Missetat bekennen. Er faßte den festen Vorsatz und
führte ihn aus. Er bekannte im Heiligtum vor Nathan. Er
sah nur mehr seine Schuld. Vielleicht hatte auch Bathseba
schuld. Vielleicht ließ sie ihre Reize auf den König
spielen. Jedenfalls widersetzte sie sich nicht. Aber David
sah nur seine Schuld. Er bekannte auch seine Blutschuld (Ps.
51, 16). Er leugnete nicht: Der Mörder Urias bin ich! - "Du
hast Lust an der Wahrheit, die im Verborgenen liegt", ruft er
im 51. Psalm aus. Man kann nach außen einer direkten Lüge
sich enthalten und ist im Verborgenen doch nicht wahr. Man
bewegt sich in der Welt des Scheins. Man will blenden. Wer
im Innersten wahr wird wie David, dem kommt Gott ohne Säumen
mit seiner Gnadenfülle entgegen. David wurde göttlich
betrübt. Es war eine Trauer im Blick auf Gott, von Gott
selbst gewirkt. Sie ist der Durchgangspunkt zur Freude. So
kommt es zum Bruch mit der Sünde und zur seligen Umkehr.