Ps 32,1
C.Eichhorn
Die Rechtfertigung oder Begnadigung
Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde
bedeckt ist! Wohl dem Menschen, dem der Herr die Missetat
nicht zurechnet! Ps. 32, 1.2
Die Sünde ist das größte Unglück, im Grunde das einzige Übel.
Darum bedeutet die Sündenvergebung das höchste Glück. Ist
jemand bei Gott in Gnaden, so gibt es eigentlich für ihn kein
Übel mehr. Denn alle Leiden und Trübsale müssen ihm zum
Besten dienen. Ein Gottesmann äußerte in seinem langen
Leiden des öfteren: Den Himmel meiner Seele trübt kein
Wölkchen mehr. - Wohl dem, dem die Übertretungen weggenommen
sind! Denn sie bilden eine drückende Last, wenn einmal das
Gewissen wirklich erwacht ist. David ging nach seinem
schweren Sündenfall krumm und gebückt einher. Solange das
Gewissen schläft, sind die Übertretungen federleicht; aber
dann werden sie zentnerschwer. Wie eine schwere Last sind
sie ihm zu schwer geworden. Er brach unter ihr zusammen.
Gott warf unser aller Sünde auf ihn, den großen Sündentilger.
Seitdem dürfen wir die Last der Sünde auf ihn abwälzen. Wie
leicht wird es dann der vorher gedrückten Seele, wie atmet
das Herz befreit auf! - Die Sünde ist aber nicht nur eine
Last, sie ist auch eine Unreinheit, die uns vor Gott
entstellt. Vor seinem Auge, welches rein blickt, stellen
sich unsere Verfehlungen dar als Flecken häßlichster Art.
Zunächst schämt sich der Mensch nur vor andern Menschen, wenn
seine Verfehlungen offenbar werden. Auch schändliche Dinge
machen ihm nicht zu schaffen, wenn es nur niemand erfährt.
Ein Fortschritt ist es, wenn er anfängt, sich vor sich selbst
zu schämen. Jedoch zur wahren Buße gehört, daß man sich vor
dem heiligen Gott schämt. Vor ihm empfindet man auch solches
als häßlichen Flecken und Schande, was sonst nicht dafür
gilt, z. B. Neid, Selbstgefälligkeit, Eigensinn und
Menschenfurcht. Wenn wir uns selbst gar nicht mehr gefallen,
ja vor uns selbst Abscheu empfinden, dann kann Gott unsre
Sünde zudecken. Seit der Heiland gestorben ist, ist sein
Blut die Deckung für unsre Sünden. Wenn wir unsre
Verfehlungen zudecken, sind es armselige Feigenblätter, mit
denen wir unsre Sündenblöße verhüllen wollen. Das Blut Jesu
aber deckt vollkommen, so daß wir in Gottes Augen rein und
tadellos dastehen. Wie wohl ist es dann dem Sünder! - Die
Sünde ist aber auch eine Schuld, über die Gott einst mit uns
Abrechnung halten wird. Weil er der Heilige ist, muß er uns
jede Sünde zurechnen. Der Sünder häuft sich unablässig Zorn
auf den Tag des Gerichts. Dann muß der Sünder verstummen, er
kann auf tausend nicht eins antworten. Wohl dem, mit dem
Gott schon hier im Leben Abrechnung halten kann! Es ergibt
sich hierbei eine unermeßliche Summe. Der Mensch ist
zahlungsunfähig, aber der Heiland hat eine vollgültige
Zahlung erbracht und die ganze Schuld getilgt. Wenn du dich
schuldig gibst und den Anklagen Gottes im Gewissen recht
gibst, so tritt der Heiland für dich als Bürge ein. Wie wohl
ist es alsdann der Seele, die zuvor hätte verzweifeln mögen
angesichts der Riesenschuld!
Ch.Spurgeon
"Wohl dem, dessen Missetat vergeben, dessen Sünde bedeckt
ist!" Psalm 32,1
Die Gnade der Sündenvergebung ist über alles in der Welt
zu schätzen, denn sie ist der einzige und untrügliche Weg
zur Glückseligkeit. Die Glückseligkeit wird ja nicht dem
Menschen zugeschrieben, der Gottes Gebote treu gehalten hat,
sondern dem, der Gottes Gesetz übertreten hat, dem aber aus
reicher, freier Gnade alles vergeben worden ist.
Dem verlorenen Sohn wird hier bei seiner Rückkehr der
Willkommensgruß zugerufen; ihm gelten die Gesänge und
der Reigen. Eine vollkommene, augenblickliche und
unwiderrufliche Vergebung aller Übertretungen verwandelt des
Sünders Hölle in einen Himmel und macht das Kind des Zornes
zum Erben ewiger Herrlichkeit.
Vergeben heißt etwas weggeben, so daß es eben nicht mehr da
ist. Welch eine Last war hier zu heben und wegzutragen! Es
kostete unseren Heiland sein teures Leben, diese Last
aufzuheben und sie völlig hinwegzutragen!
Unsere Übertretungen sind aber auch bedeckt, wie die Ägypter
von den Meereswellen, wie die höchsten Berge der Erde von den
Wassern der Sintflut bedeckt wurden. Was für eine Bedeckung
muß das sein, welche alle Befleckung des Fleisches und des
Geistes für immer vor dem allsehenden Gott verbirgt! Wer
einmal die Sünde in ihrer Abscheulichkeit geschaut hat, der
begreift, welch ein Glück es ist, sie nie mehr erblicken zu
müssen. Wer die Heilstat von Golgatha verstanden und
angenommen hat, der weiß sich ein für allemal angenehm
gemacht in dem Geliebten und genießt ein in heiliger
Erkenntnis begründetes Glück, welches der Vorgeschmack des
Himmels ist.
Aus unserem Text geht klar hervor, daß der Mensch zu der
Gewißheit kommen kann: Mir sind meine Sünden vergeben. Denn
wie könnte von einer jetzt zu genießenden Seligkeit der
Sündenvergebung die Rede sein, wenn man über diese keine
Gewißheit haben könnte? Wir bekennen uns freudig zu dieser
Wahrheit, und zwar aufgrund der Lehre des allein unfehlbaren
Wortes Gottes.