Ps 27,14
C.H.Spurgeon
,,Harre des Herrn."
Ps. 27, 14.
Es mag uns vorkommen, es sei etwas Leichtes um das Harren, aber
es ist eine Aufgabe, die ein christlicher Streiter erst nach
jahrelanger Übung lernt. Eilmärsche und Schanz-Arbeiten kommen
dem Krieger Gottes leichter an, als das Stillesein und Harren.
Es gibt Stunden der erwartungsvollsten Ungewißheit, wo der
bereitwilligste Christ in seinem Verlangen, dem Herrn zu dienen,
nicht weiß, welchen Weg er einschlagen, wofür er sich
entscheiden soll. Was soll er dann tun? Sich mit Unruhe
ängstigen? Soll er feige fliehen, soll er furchterfüllt zur
Rechten ausweichen, soll er vermessen vorandringen? Nein, er
soll ganz einfach harren. Aber: harre im Gebet. Schreie zu Gott,
und wirf dein Anliegen auf Ihn; sag' Ihm, was dich drückt, was
dich ängstigt, und berufe dich auf seine Verheißung, daß Er dich
nicht wolle verlassen noch versäumen. In Zweifeln, wie du dich
zwischen verschiedenen unvereinbaren Pflichten entscheiden
sollest, ist's köstlich, daß wir in Kindesdemut uns bescheiden,
und in Seeleneinfalt auf den Herrn harren dürfen. Es schlägt
gewiß zu unserm Heil aus, wenn wir unsre Unwissenheit fühlen und
erkennen und von Herzen willig sind, uns vom göttlichen Willen
leiten zu lassen. Aber harre im Glauben. Beweise dein
unerschütterliches Vertrauen auf Ihn; denn ein ungläubiges,
zweifelloses Harren ist nur eine Schmach für den Herrn. Glaube,
daß, wenn Er dich auch bis tief in die Nacht hinein harren läßt,
Er dennoch zu rechter Zeit erscheint; sein Kommen ist gewiß und
verziehet nicht. Harre in stiller Geduld; lehne dich nicht auf,
weil du unter der Rute der Heimsuchung still halten mußt,
sondern segne und preise Gott dafür. Wünsche nie, du möchtest
lieber wieder zur Welt zurückkehren, sondern nimm alles so an,
wie's Gott schickt, und schicke dich darein mit willigem Herzen
und einfältigem Gemüt, ohne allen Eigenwillen; überlaß alles der
Hand deines Bundes-Gottes und sprich: ,,Siehe, Herr, nicht mein,
sondern Dein Wille geschehe. Ich weiß nicht, was ich tun soll;
ich bin ratlos und weiß keinen Ausweg mehr, aber ich will harren,
bis daß Du die Fluten zerteilst oder meine Feinde hinter mir
zurücktreibst. Ich will harren, wenn du mich auch tagelang
hinhältst, denn mein Herz verläßt sich allein auf Dich, o Gott,
und mein Geist harrt Deiner in der völligen Überzeugung, daß Du
dennoch mein Trost und mein Teil bist, meine Zuflucht und meine
Burg."