Hi 5,21
S.Keller
Hiob 5, 21: «Er wird dich verbergen vor der Geißel der
Zunge.»
In gesunden Tagen gedenkt man, wenn man anders als Christ
sich gewöhnt hat, alles mit seinem Gott zu besprechen, der
Hilfe, die er uns im Leiden gewährt, und genießt dankbar die
Gegenwart. In stillen Zeiten atmet man auf und freut sich
nach allem Kampf und aller Hetze dankbar ihrer Stille. So
gibt es auch Zeiten, wo die Geißel der Verleumdung und des
leblosen Klatsches nicht über uns geschwungen wird. Gerade,
wenn man sonst oft wie angebunden am Marterpfahl gestanden
hat und wehrlos dulden mußte, daß die Geißel der Zunge uns
die Ehre zerfleischte, gibt es viel zu danken, wenn der Herr
uns wieder ruhige Zeiten schenkt, wenn er uns verbirgt vor
jener Geißel. Mag sein, daß die Neider sie schwingen wollen,
aber wir sitzen im Schutz unseres Gottes - verborgen in
seinem Gezelt. Aber dann darf unsere Zunge nicht wieder
geißeln! im Augenblick jener öffentlichen Demütigung waren
wir stille - aber auch in diesen stillen Zeiten dürfen wir
unserer Zunge nicht den Lauf lassen; sonst, wenn wir uns
gehen lassen, könnte es bald mit dem süßen Frieden vorbei
sein, und wir müssen das bittere Echo unserer ausgeteilten
Geißelhiebe wieder selbst aushalten.
Herr Jesu, lehre mich stille b l e i b e n ! Du hast dann
mehr von mir und kannst mich besser brauchen und kannst mich
verbergen vor der Geißel fremder Zungen, so daß ich mehr von
dir habe. Ich will schweigen, rede du freundlich mit deinem
Kinde. Amen.