1Kö 19,13
A.Christlieb
Und da Elia das hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem
Mantel und ging heraus und trat in die Tür der Höhle. 1.
Könige 19, 13
Diese Erscheinung Gottes übte einen gewaltigen Einfluß aus
auf Elia. Gott ist Licht. Er ist wie die Sonne.
Menschenauge vermag sie nicht anzublicken, sie blendet uns.
Elia mußte sein Antlitz verhüllen mit seinem Mantel. - Diese
Wirkung hat Gottes Erscheinung stets zuerst gehabt. Als Gott
am Sinai sich dem Volk Gottes zu erkennen gab, erhob sich
ein Donnern und Blitzen und eine dicke Wolke auf dem Berge
und ein Ton einer sehr starken Posaune. Das ganze Volk aber
erschrak (2. Mose 19, 16). ,,Und so schrecklich war das
Gesicht, daß Mose sprach: Ich bin erschrocken und zittere"
(Hebr. 12, 21). - Als der Prophet Jesaja den Herrn sah auf
seinem erhabenen Thron, rief er aus: ,,Wehe mir, ich vergehe,
denn ich bin unreiner Lippen." Alle gesunde Verkündigung des
Wortes Gottes weckt zunächst tiefe Ehrfurcht vor dem heiligen
Gott! Ehe Johannes rufen durfte: ,,Siehe, da ist Gottes
Lamm!" mußte Gott im Volk wie Sturmwind, Erdbeben und Feuer
wirken. - Doch die Erscheinung Gottes hat auch etwas
Ermutigendes. Elia trat aus der Höhle hervor, um dem zu
nahen, der ihm in diesem zarten Ton begegnete. Das ,,zarte
Flüstern" lockte ihn hervor. - Diese Doppelwirkung offenbart
sich besonders bei geistgewirkter Verkündigung des Wortes vom
Kreuz. Da schauen wir zuerst, was wir verdient haben. ,,Ich
bin's, ich sollte büßen, an Händen und an Füßen gebunden, in
der Höll; die Geißeln und die Banden und was du ausgestanden,
das hat verdienet meine Seel'." Zu dem erschrockenen Sünder
aber spricht Gott: ,,Nicht du! Siehe, da ist das Lamm
Gottes, das der Welt Sünde trägt." So verhüllen wir unser
Angesicht in Demut und Ehrfurcht und empfangen doch
Freudigkeit, zu ihm zu kommen. Seine Barmherzigkeit gibt
Mut.
Ch.Spurgeon
"Und nach dem Feuer kam die Stimme eines sanften Säuselns.
Als Elia dieses hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem
Mantel." 1. Könige 19,12-13
Das stille, sanfte Säuseln hatte Erfolg, wo Donner und Blitze
nichts ausrichteten. Wir bilden uns häufig ein, daß der
Schrecken des Herrn die Menschen überzeugen und zwingen
würde, Ruhe in Gott zu suchen. Wir hängen immer noch an der
Vorstellung, daß der äußere Eindruck entsetzlicher Macht das
Reich Gottes fördern würde. Wir sind nicht so leicht bereit
wie unser Meister, auf zwölf Legionen Engel zu verzichten.
Wir verlassen uns gern auf fleischliche Kraft und Energie.
Wir sind hoffnungsvoll, wenn wir Lärm machen und Aufregung,
Unruhe und Bewegung schaffen können. Unser Zeitalter der
neuen Dinge scheint geistliche Kraft in Blechinstrumenten und
Schlagzeugen entdeckt zu haben, und man hofft, Seelen durch
solche und ähnliche Mittel anzuziehen. Eine einfache,
schlichte Verkündigung wird gering geschätzt, und es werden
sensationelle Methoden gesucht. Die Tendenz der Zeit geht
auf Schaustellung der Macht, als ob diese zustande bringen
könnte, was geistliche Mittel nicht zu bewirken vermochten.
Unser himmlischer Vater gebraucht gewöhnlich das, was sanft,
ruhig, gelassen und friedlich ist. In dem Werk wirklicher
Bekehrung, welche die Seele zur Entscheidung und zum völligen
Gehorsam gegen Gott bringt, ist die rufende Stimme oft so
leise, daß sie von anderen nicht wahrgenommen wird. Es ist
wenig Entfaltung von leiblicher und geistiger Gewalt, und
doch ist mehr wirkliche Macht da, als wenn Gewalt gebraucht
würde. Hier sehen wir also die Schwäche der Kraft, aber wir
lernen auch die Kraft der Schwäche, wie Gott oft Dinge, denen
- nach dem Augenschein zu urteilen - leicht widerstanden
werden kann, unwiderstehlich macht. Satan kann die Seele
durch Angst, Zweifel und Schrecken unter Druck setzen. Aber
der Geist Gottes kommt in zarter Liebe, offenbart Christus
als den Sanftmütigen, richtet das Kreuz des Heilandes vor des
Sünders Augen auf und spricht ihm Frieden, Vergebung und Heil
zu. Brüder, dies ist, was uns fehlt: das Werk des Geistes
Gottes in seiner eigenen Art der lebendigen Liebe.