1Kö 19,4
C.H.Spurgeon
,,Und er bat, daß seine Seele stürbe."
1 Kön. 19, 4.
Es ist merkwürdig, daß der Mann, der nie sterben sollte, welchem
Gott ein unendlich besseres Los verordnet hatte, der Mann, der
in einem feurigen Wagen mit feurigen Rossen sollte gen Himmel
fahren und verwandelt werden, so daß er den Tod nicht sah, - es
ist merkwürdig, daß dieser Knecht Gottes beten mußte: ,,Nimm,
Herr, meine Seele; ich bin nicht besser, denn meine Väter." Wir
haben hier einen auffallenden Beweis, daß Gott die Gebete nicht
immer in der gewünschten Weise, aber immer nach der heilsamen
Wirkung erfüllt. Er gab dem Elias etwas Besseres, als was er
erflehte, und erhörte ihn also wirklich. Es ist sonderbar, daß
der löwenartige Elias von der Drohung Isebels so
niedergeschlagen war, daß er zu sterben wünschte; und köstlich
war die Güte unsers himmlischen Vaters, daß Er seinen
verzweifelnden Knecht nicht beim Wort nahm. Die Lehre vom Gebet
des Glaubens hat ihre Grenzen. Wir dürfen nicht erwarten, daß
Gott uns alles gibt, um was wir bitten; wir wissen, daß wir
manchmal bitten und nicht empfangen, weil wir übel bitten. Wenn
wir um etwas bitten, was keine Verheißung hat; wenn wir dem
Geist, nach dem uns der Herr trachten heißt, entgegen stehen;
wenn wir etwas gegen seinen Willen oder gegen den Ratschluß
seiner Vorsehung suchen; wenn wir nur um unsertwillen bitten und
nicht im Hinblick auf seine Verherrlichung, so dürfen wir auf
keine Erhörung zählen. Wenn wir aber im Glauben bitten und nicht
zweifeln, und wir nicht gerade das empfangen, was wir meinten,
so empfangen wir etwas andres und Besseres dafür. Wie einer sich
ausdrückt: ,,Bezahlt der Herr nicht in Silber, so bezahlt Er in
Gold, und bezahlt Er nicht in Gold, so bezahlt Er in Diamanten."
Wenn Er auch nicht das gewährt, warum ihr bittet, so gibt Er
euch das, was ihm an Wert gleichkommt, und worüber ihr euch mehr
freut, als über das Begehrte. Darum, liebe gläubige Seele,
pflege das Gebet, und mache diesen Abend zu einer Stunde
ernstlicher Fürbitte; aber habe acht, was du bittest.
,,O große Gnad' und Gütigkeit!
O süße Lieb' und Mildigkeit!
Gott schenkt nach seiner Güt' und Macht
Uns mehr, als wir uns je gedacht."
A.Christlieb
Elia aber ging hin in die Wüste eine Tagereise und kam hinein
und setzte sich unter einen Wacholder und bat, daß seine
Seele stürbe und sprach: Es ist genug; so nimm nun, Herr,
meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
1. Könige 19, 4
Wir sehen den Propheten in einer schweren Anfechtung. Sie
barg zunächst einen tiefen Sinn in sich. Elia hatte für
Gottes Ehre geeifert. Eine herrliche Reformationsbewegung
war im Volk aufgebrochen. Das ganze Volk war zur Anerkennung
Jehovas gebracht. Das Volk verehrte Elia als großen
Propheten. Er stand auf der höchsten Höhe seiner irdischen
Erfolge. - Solche Zeiten sind aber auch für die besten und
frommsten Menschen sehr gefährlich. Wie nahe liegt es, sich
selbst etwas von der erzielten Wirkung zuzuschreiben! Elia
war ,,ein Mensch gleich wie wir". Und wenn sogar der
demütige Apostel Paulus schreibt: ,,...damit ich mich der
hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl
ins Fleisch" (2. Kor. 12, 7), dann war Elia nicht weniger
dieser Gefahr ausgesetzt. Gott selber ließ ihn dann in tiefe
Betrübnis und Anfechtung hineingeraten. Denn hier, im Tal
der Demut, blieb er vor stolzer Überheblichkeit bewahrt. -
Jede Anfechtung, die uns tiefer in die Demut hineinführt, ist
ein S e g e n für uns, mag sie noch so hart und bitter sein.
- Doch jede Anfechtung birgt auch eine Gefahr in sich, die
überwunden werden muß! Die Worte des Elia deuten nicht nur
auf Demut hin, sondern auch auf lebensmüde Verzagtheit. Oft
sind Knechte Gottes in arge Niedergeschlagenheit geraten,
wenn der Erfolg nicht ihren Erwartungen entsprach, oder wenn
sie gar nach treuer Arbeit Haß, Grimm und schnöden Undank
ernteten, wie Jeremia (20, 14 ff.) und Jesaja (49, 4) es
erlebten. Doch ist es immer noch besser, sich selbst für
einen unnützen Knecht (Luk. 17, 10) als für unentbehrlich zu
halten. Gott schütze uns in den Stunden der Anfechtung!
A.Christlieb
Ein nicht erhörtes Gebet
»Er bat, daß seine Seele stürbe« (1. Kön. 19, 4).
Wir bewundern oft die Treue Gottes in Elias Leben, die sich
in der Erhörung seiner Gebete zeigt. Auf sein Gebet wird der
Himmel geschlossen, daß es nicht regnet, und wieder geöffnet,
daß die Dürre aufhört (Jak. 5, 17 u. 18). Auf sein Gebet
bekommt ein Toter das Leben wieder (1. Kön. 17, 22) und
fällt das Feuer auf das Opfer herab (1. Kön. 18, 38).
1. Der äußere Wunsch
Aber nicht nur im Erhören, sondern auch im Abschlagen seiner
Bitte zeigt sich die große Treue Gottes bei Elia. Nicht
immer geht es nach den Worten: »Der Herr erhörte die Stimme
Elias« (1. Kön. 17, 22). Auch die großen Männer im Reiche
Gottes erlebten es, daß ihre Bitten abgewiesen wurden.
Mose durfte trotz seines Gebetes nicht in das gute Land
hineinkommen (5. Mose 3, 23-26). Paulus blieb trotz
dreimaligem Flehen der Pfahl im Fleisch (2. Kor. 12, 7-9).
So durfte auch Elia nicht so früh abscheiden, wie er es in
der trüben Zeit gern getan hätte.
2. Das innere Sehnen
Laßt uns aber auch bei dieser Bitte des Elia nicht nur auf
den äußeren Wunsch, sondern auch auf das innerste Sehnen des
Beters achten! Sein Gebet enthielt allerdings den Wunsch,
hier in der Wüste sterben zu dürfen. Sein innerstes
Verlangen aber, das sich in diesem Seufzer äußerte, war doch
auf das Aufhören der trüben Erfahrungen und auf das Schauen
göttlicher Herrlichkeit gerichtet. Dieses tiefste Sehnen,
das seiner Bitte zugrunde lag, stillte Gott durch die
wunderbare Kraft, die er ihm in der einfachen Speise gab
(V. 5-8), und durch alles, was er ihm auf dem Horeb zeigte.
So ist sein Seufzen im Grunde dennoch erhört worden.
»Wenn unser Herze seufzt und schreit, wirst du gar leicht erweicht
und gibst uns, was uns hoch erfreut und dir zur Ehr gereicht.«
W.MacDonald
»Es ist genug, Herr, nimm mein Leben hin! Denn ich bin
nicht besser als meine Väter.« 1. Könige 19,4b
Es ist nicht ungewöhnlich, daß auch Männer Gottes deprimiert
sind, wie hier Elia. Auch Mose und Jona wünschten sich,
sterben zu dürfen (2. Mose 32,32; Jona 4,3). Der Herr hat
den Gläubigen niemals Bewahrung vor dieser Art von
Schwierigkeiten verheißen. Das Vorhandensein solcher
Niedergeschlagenheit ist auch nicht notwendigerweise ein
Beweis für einen Mangel an Glauben oder Geistlichkeit. So
etwas kann jedem von uns geschehen. Wenn es uns trifft, dann
geht das etwa so: Wir fühlen uns von Gott verlassen, obwohl
wir wissen, daß Er die Seinen niemals verläßt. Wir suchen
im Wort Gottes nach Trost, aber immer wieder treffen wir
auf Stellen, die von der unvergebbaren Sünde oder dem
hoffnungslosen Zustand des Abgefallenen sprechen. Wir machen
die frustrierende Erfahrung einer Krankheit, die weder durch
Medizin geheilt noch durch einen chirurgischen Eingriff
entfernt werden kann. Unsere Freunde sagen uns, wir sollen
uns blitzschnell davon losreißen, aber sie sagen uns niemals,
wie das anzustellen ist. Wir beten und sehnen uns nach
einer schnellen Heilung, aber wir stellen fest, daß die
Niedergeschlagenheit kiloweise kommt, aber nur grammweise
vergeht. Das einzige, an das wir noch denken können, sind
wir selbst und unser Elend. In unserer Verzweiflung wünschen
wir, wir könnten durch ein dramatisches Eingreifen Gottes
sterben.
Eine solche Depression kann verschiedene Ursachen haben.
Vielleicht sind es gesundheitliche Probleme; so kann z.B.
Blutarmut dazu führen, daß unser Denken verrückt spielt.
Es können geistliche Ursachen sein, z.B. Sünde, die nicht
bekannt oder nicht vergeben wurde. Vielleicht liegen auch
seelische Gründe vor; so kann die Untreue eines Ehegatten
dazu führen. Überarbeitung oder extremer geistiger Stress
können nervliche Erschöpfung hervorrufen. Oder die Ursache
liegt in einer medikamentösen Behandlung, auf die unser
Organismus ungünstig reagiert.
Was kann man tun? Zuerst müssen wir im Gebet zu Gott kommen
und Ihn bitten, Seine wunderbaren Pläne mit und an uns
auszuführen. Wir bekennen und lassen alle uns bekannten
Sünden. Wir vergeben jedem, der uns irgendwie Unrecht getan
hat. Dann lassen wir uns gründlich vom Arzt untersuchen, um
jede physische Ursache als möglichen Grund auszuschließen.
Wir sollten drastische Maßnahmen ergreifen, um die Quellen
von Überarbeitung, Sorgen, Stress und anderen Dingen zu
beseitigen, die uns bedrücken. Regelmäßiger Schlaf, gutes
Essen und körperliche Arbeit im Freien bilden eine gute
Therapie.
Von da an müssen wir lernen, in unserem Leben ein
gleichmäßiges Tempo einzuhalten, indem wir auch »Nein«
sagen können zu Forderungen, die uns vielleicht wieder
an den Rand der Katastrophe bringen.
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Er aber ging hin in die Wüste, eine Tagereise weit, kam
und setzte sich unter einen Ginsterstrauch und bat, dass
er stürbe und sprach: Es ist genug! So nimm nun, Herr,
meine Seele; denn ich bin nicht besser als meine Väter!"
1.Kön. 19,4.
Der Mann, der gestern noch vor König und Baalpropheten
stand und unerschrocken mit innerlicher Vollmacht die ganze
weltliche und religiöse Macht seines Volkes zur letzten
Entscheidung auf den Karmel forderte, der zitterte nun vor
den Worten einer Frau. Denn als Ahab heimgekommen war und
Isebel alles erzählt hatte, was an demselben Tage auf dem
Gipfel des Karmel geschehen sei, da schwor sie, dass es
dem Propheten am nächsten Tag so gehen werde, wie es den
Propheten Baals durch Elia ergangen war.
Auf die Königin hatten die großen Ereignisse auf des Karmels
Spitze keinen Eindruck gemacht. Sie hatte ihre Entscheidung
gegen die Wahrheit längst getroffen. Sie gehörte zu jenen
Naturen, die sich bewusst jeder Sprache Gottes verschlossen
haben und daher innerlich ausreifen fürs Verderben. Weder
die anhaltende Dürre mit all ihren Leiden fürs Volk, noch
das sichtbare Eingreifen Gottes auf dem Karmel, noch der
herniederströmende Regen auf das Gebet des Elias hin
vermochte irgendwelchen Eindruck auf sie zu machen. Bei ihr
bewirkte jede Kundgebung Gottes nur noch Auflehnung gegen
Gott. Je mehr Gott heimsuchte, desto mehr reifte sie aus
in ihrer inneren Stellung wider Gott. Was anderen zur
innerlichen Umkehr und zum Segen gereichte, wurde für sie
zu einem Anstoß, über den sie fiel. Solch eine innerliche
Herzenseinstellung führte aber immer in ein letztes und
endgültiges Gericht.
Offen hatte die Königin ihrem Zorn und ihrem Vorhaben
Ausdruck gegeben. Weder Saul als König noch irgendeiner
seiner Knechte wagte für den Propheten einzutreten. Obgleich
er auf dem Karmel einen so sichtbaren Beweis von der
Wirklichkeit und der Macht des lebendigen Gottes empfangen
hatte, blieb auch des Königs Seele unentschieden der
herrschenden Macht der Finsternis gegenüber. Man kann mithin
wie Ahab und Isebel viel von Gott gesehen haben und doch
wenig von Gott ergriffen sein. Das Schauen Gottes muss zum
Erleben werden, wenn Gott im Leben des Menschen eine Macht
werden soll. Alles Wissen von Gott ist noch nicht
Gemeinschaft mit Gott, welche allein ein menschliches
Leben umgestaltet und göttlich adelt. Wen eine letzte
Gottesoffenbarung nicht zum Leben führen kann, der geht eines
Tages wie das Haus Ahabs an seinem Kampf gegen Gott zugrunde.
Von seinen Gerichten.