2Sam 6,20
Ch.Spurgeon
"Als aber David umkehrte, sein Haus zu segnen, ging Michal,
die Tochter Sauls, ihm entgegen und sprach: Welche Ehre hat
sich heute der König Israels erworben, daß er sich heute vor
den Mägden seiner Knechte entblößte." 2. Samuel 6,20
Die Prüfung Davids kam von einer Seite, von der er sie am
wenigsten erwartete. Unsere besten Freunde fügen uns oft den
tiefsten Schmerz zu. Ist nicht für manche christliche Frau
ihr Mann der größte Feind ihres Glaubens gewesen, und hat
nicht mancher christliche Mann empfunden, daß ihm die
Gefährtin seines Herzens das größte Hindernis auf dem Weg zum
Himmel war? Es gibt manchen jungen Mann, dessen Herz voll
Freude erfüllt ist, nachdem er die frohe Botschaft der
Gnade gehört hat. Er hat alle seine Sorgen und seine Not
vergessen. Aber vielleicht ist es sein eigener Bruder, der
ihn verlacht und ihn einen Narren nennt. Die Welt nimmt an,
daß kein vernünftiger Mensch Christ sein kann; an ewige Dinge
zu denken, sei der höchste Grad der Torheit. Für eine kurze
Stunde seine Gedanken von der Erde abzukehren und über ewiges
nachzusinnen, sei das Kennzeichen des Wahnsinns!
Nun, nach unserem Urteil ist der Wahnsinn auf der anderen
Seite. Wenn wir die flüchtigen Dinge dieses Lebens und die
Wirklichkeiten des künftigen Lebens auf der Waage des
Gerichts abwägen, findet sich der Wahnsinn bei den Verächtern
und nicht bei uns.
Es muß Kriege und Kämpfe, Widerstand und Streit geben,
solange in der Welt zwei Arten von Menschen und zwei Naturen
existieren. Das war die Prüfung, die David zu erdulden
hatte.
Ich möchte eure Aufmerksamkeit darauf lenken, wie besonders
schwer diese Prüfung gewesen sein muß. Natürliche
Zuneigungen sind mit tausend Fasern so in die Seele verwoben,
daß sie nicht leicht zerbrochen werden können. Sie sind so
zart wie die feinsten Nerven und können nie verletzt werden,
ohne größte Schmerzen zu verursachen. David mußte daran
denken, daß Michal die Freude seines Herzens war und sie ihm
im Grunde eine gute Frau gewesen ist. Sie hatte einst ihr
eigenes Leben für sein Leben aufs Spiel gesetzt. Doch jetzt
ist die Freude seines Herzens die Feindin seiner Seele
geworden.