1Sam 4,5
J.Kroeker
Vom Versagen unseres Glaubens.
"Und als die Bundeslade des Herrn ins Lager kam, jauchzte das
ganze Israel mit großem Jauchzen, dass die Erde erbebte."
1.Sam. 4,5.
Ist nicht auch in unserer christlichen Gegenwart die
Begeisterung vielfach weit größer als unsere innere Kraft?
Führen wir nicht auch auf unseren christlichen Kanzeln und
Kathedern eine Sprache, als ob alle Welt uns zu Füßen liege
und versagen doch fast auf der ganzen Linie im Kampf und
Dienst des Lebens? Haben wir nicht das Christentum in seiner
Einzigartigkeit und Ausschließlichkeit im Blick auf die
Erlösung der Welt zu betonen gewagt und doch in unserem
Leben so seine erlösende Kraft verleugnet, dass ein Mann
wie Nietzsche mit fast nicht zu überbietender Schärfe es
wagen darf, uns mit den Worten ins Gewissen zu greifen:
"Ihr Christen müsstet erlöster sein, wenn man an euren Erlöser
glauben sollte!" ?
Oder ist es nicht erschütternd, wenn ein Dichter jüngerer
Zeit aus seiner Beurteilung der allgemeinen, religiösen Lage
unseres Jahrhunderts den Inhalt zu den Versen empfängt:
"Willst Du das Grab des Heilandes sehen,"Brauchst nicht nach
Jerusalem zu gehen,"Sieh' nur seine Kirchen in allen
Landen,"Die halten ihn fest in Grabesbanden;"Und sieh in Dein
eigen Herz hinein,"Da liegt Er in einem Totenschrein,"Den
man mit Katechismusfragen"Und dunklen Dogmen ausgeschlagen.
-"Bist wohl zuerst mit gläubigem Beten"Zuweilen an diesen
Schrein getreten,"Doch drinnen rührte sich kein Leben,"Da
hast Du das Beten aufgegeben,"Mit Sorgen und Sünden nageltest
Du"Gelassen den Sarg noch fester zu,"Und schließlich hast Du
Ihn ganz vergessen,"Du ,lerntest das Leben kennen' indessen."
Wie sollten solche Stimmen uns alle innerlich packen, die wir
unseres Gottes sind und die sich zu Christo als ihrem Retter
bekennen! Haben wir die zarte Sprache Gottes nicht mehr
verstanden, wie sollten wir dann die Sprache der Niederlage,
der Gerichte und die Sprache der uns Anklagenden in der Welt
zu uns reden lassen! Wie sollte es durch unsere Tempel und
Kapellen, durch unsere Kirchen und Vereinshäuser, durch
unsere Gemeinden und Vereine, durch unsere Gottesdienste und
unser Privatleben klingen: "Wer ein Ohr hat, der höre, was
auch in unseren Tagen der Geist den Gemeinden zu sagen hat!"