4Mo 13,31
J.Kroeker
Von den Kundschaftern und ihrem Fall.
"Aber die Männer, die mit hinaufgezogen waren, sprachen: Wir
können nicht hinaufziehen gegen das Volk, denn sie sind uns
zu stark! So brachten sie das Land, das sie erkundet hatten,
in Verruf bei den Kindern Israels!" 4.Mose 13,31 f.
So unverantwortlich es gewesen wäre, wenn die Kundschafter
ihr müdes Volk über die wirkliche Lage getäuscht hätten, so
unverantwortlich war es aber auch, dass sie in dieser für
ihr Volk so kritischen Stunde durch eine völlige Übertreibung
der Schwierigkeiten jedes Vertrauen an die Erfüllung der
göttlichen Zusagen raubten. Mose in seiner Sendung und
Israel in seinem Auszug waren nicht Illusionen gefolgt.
Hinter jedem Schritt, den sie bisher getan hatten, stand eine
sehr klare Tat Gottes. Ohne das jeweilige entscheidende
Eingreifen Gottes wäre Mose nie Prophet geworden und nie
Prophet geblieben. Auch hätte Israel nie seine nationale
Auferstehung erlebt und nie die Südgrenze Kanaans bei
Kadesch-Barnea erreicht. Und wenn das Volk bisher die
Hoffnung in seiner Seele gepflegt hatte, dass es das
verheißene Land als Erbe aus der Hand Gottes empfangen werde,
so gründete sich diese Erwartung wiederum nicht auf eine
überspannte Illusion, sie war durch Gottes bestimmte Zusage
geweckt und lebendig erhalten worden.
So verwandt also nach außen Glaube und Illusion erscheinen
mögen, so sind sie in ihrem Wesen doch völlig verschieden
voneinander. Denn wahres Gottvertrauen floss immer aus einer
vorangegangenen erlebten Selbstoffenbarung Gottes. Wo diese
fehlte, da fehlte dem Vertrauen der reale Boden, die
göttliche Garantie, das klare Ziel, die allein ein
Schauen verbürgen. Denn Vertrauen ist nicht etwa eine
geheimnisvolle, magische Kraft, die über Göttliches,
Zukünftiges, Ersehntes verfügen und es zu Wirklichkeiten
werden lassen könnte. Wirklichkeit, sowohl im persönlichen
Leben als auch in der Geschichte, kann nur das werden, was
auf den Linien des Göttlich-Möglichen und des Gott-Gewollten
liegt. Gottvertrauen ist daher ein freiwilliges Einswerden
mit Gott, ein Sich-einstellen auf Gottes vorangegangene
Selbstoffenbarung. Das war noch immer die verborgene Quelle
des Glaubens, aus der er seine Kraft und sein Leben, seine
Richtung und seine Ziele schöpfte, der Boden, den keine
Stürme und Kämpfe erschüttern konnten.
Dieser Glaube lebte in Josua und Kaleb. Daher führten sie
vor dem Lager Israels eine völlig andere Sprache. Ihnen
blieb die Einnahme des so stark befestigten Landes eine
Angelegenheit zwischen Gott und den Bewohnern des Landes,
zwischen Gottes Verheißung und der Tat Gottes zu deren
Erfüllung. Sie lenkten daher die Erwartungen des Volkes
ab von dem befestigten Lande und richteten sie auf das
Können Gottes.