4Mo 9,17
A.Christlieb
So oft sich die Wolke aufhob von der Hütte, so zogen die
Kinder Israel; und an welchem Ort die Wolke blieb, da
lagerten die Kinder Israel. 4. Mose 9, 17
Die Führung durch die Wolkensäule war für Israel eine Schule,
in der sie allerlei v e r lernen mußten. Zunächst galt es,
das menschliche P l ä n e m a c h e n zu verlernen. Das
Plänemachen hat einen merkwürdigen Reiz. In einer Hinsicht
ist es ja lebensnotwendig. Aber - es darf nur geschehen
unter der Zucht des Geistes Gottes. Der eigene Verstand, der
eigene Wille, darf nie wieder die Zügel der Lebensführung in
die Hand bekommen. Was hätte es Israel auch genutzt, wenn es
den Plan gefaßt hätte, direkt nach Norden und nach Kanaan zu
marschieren. Zog die Wolke nach Süden, dann hätten sie ohne
Gott durch die Wüste irren müssen. Nein, das eigenwillige
Plänemachen taugt nichts für Gottesmenschen. Es hört in der
Schule Gottes allmählich auf und man wird, wie Paulus von
sich sagt, ,,ein Gebundener Jesu Christi". -
Die stets zur Reisebereitschaft mahnende Wolkensäule machte
es den Israeliten auch unmöglich, sich allzu häuslich und
behaglich einzurichten. Sie wußten ja nie, wie lange die
Wolkensäule verweilen würde. Heimatlich einrichten sollten
sie sich erst in Kanaan. -
Ähnlich geht es uns in der Nachfolge Jesu. Da verlernt man,
diese Erde als bleibende Heimat anzusehen. Unsere wahre
Heimat ist droben! Hier sind wir nur Gäste und Fremdlinge.
Freundlich, reinlich und geschmackvoll soll unsere
Wohnungseinrichtung sein. Sie zeige aber auch immer unseren
Pilgersinn. -
Verlernt haben die Israeliten bei der Leitung durch die
Wolkensäule auch das Schelten über schlechte, menschliche
Führung. Es kam ja jede Unannehmlichkeit, die mit den
Reisestationen zusammenhing, direkt aus Gottes Hand. -
So verstummen in der Nachfolge Jesu manche der üblichen
Klagen, weil man lernt, alles vom Herrn anzunehmen. Ja,
endlich kann man mit dem verbannten Chrysostomus beten: Herr,
ich danke dir für alles!
A.Christlieb
Die Kinder Israel zogen. Die Kinder Israel lagerten sich.
4. Mose 9, 17
Bei ihrer Wüstenwanderung hinter der Wolkensäule her haben
die Kinder Israel auch Wichtiges g e lernt. Zunächst das
W a c h e n. Die Wolkensäule führte oft seltsame, unbegreifliche
Umwege. Manchmal blieb sie lange in der Wüste stehen, so
sehr die Israeliten darauf brannten, vorwärts zu kommen.
,,Wenn die Wolke viele Tage verzog, so warteten die Kinder
Israel der Hut des Herrn und zogen nicht" (4. M. 9, 19).
Wie hat da manch ein Feuergeist mit seiner Ungeduld kämpfen
müssen, ehe er das Warten lernte. -
Ein Christ ist ein Mensch, der warten kann. Warten heißt,
mit Mose 40 Jahre in der Wüste der göttlichen Berufung
harren. Warten heißt, mit Joseph geduldig im Gefängnis
bleiben, wenn der Mundschenk sein Versprechen vergißt.
Warten heißt, mit dem jung bekehrten Eiferer Saulus in
Tarsus bleiben, bis Barnabas einen wieder in die Arbeit ruft.
Können wir warten? Auch wenn die Wolkensäule monatelang über
einem schweren Krankenlager Halt macht? -
Ach Herr! Vergib mir alle Ungeduld! - ,,Die Kinder Israel
zogen - die Kinder Israel lagerten sich". Ob der Ort
angenehm war oder nicht, danach wurde nicht gefragt.
,,Nach dem Wort des Herrn zogen sie; nach dem Wort des Herrn
lagerten sie" (V. 18). Das klingt fast militärisch. Unter
den Streitern Christi herrscht eine andere Disziplin als in
der Armee Sauls, die auseinanderlief, als Samuel nicht kam
(1. Sam. 13, 8). Beim Heiland bleibt man gehorsam, wo man
hingestellt wird. Laßt uns g e h o r c h e n lernen wie
Abraham, als er Isaak opfern mußte, gehorchen wie Paulus, als
Gott ihm einen anderen Weg zeigte, als er selber es gewollt
(Apg. 16, 6). - Nicht jeder ist so leitsam wie Paulus.
Jonas wollte erst nicht gehorchen. Gott lehrte ihn die
Kunst. Zwingli sagte bei seiner Antrittspredigt in Zürich,
er habe Gott früher gebeten, ihn nur nicht nach Zürich zu
senden. Jetzt aber gehorche er. - Herr, lehre auch uns,
warten und gehorchen nach deinem Willen.