3. Mose

3Mo 26,44 J.Kroeker Von seinen Gerichten.

"Aber selbst auch dann, wenn sie sich im Lande ihrer Feinde befinden, will Ich sie nicht verwerfen und keinen Widerwillen gegen sie hegen, sodass Ich sie ganz vertilgte und meinen Bund mit ihnen bräche; denn Ich bin der Herr, ihr Gott." 3.Mose 26,44.

Wahrlich, Israel bleibt ein Rätsel auch in seinem Gericht und in seiner Verbannung! Nicht als ob die Gerichte so leicht und das Exil innerhalb der Völkerwelt so erträglich gewesen wären. Was das von Gott erwählte Volk in seinen Gerichten durchlitten und in seiner Verbannung durchkostet hat, gehört mit zum Allertragischsten der Weltgeschichte. Seine Leiden und Gerichte waren zwar in sich groß und gewaltig genug, um ein so kleines Volk vom Schauplatz der Geschichte zu fegen. Sie erwiesen sich aber bisher für dasselbe weit mehr als Läuterung und Heimsuchung, denn als Untergang und Vernichtung.

So ist Israel-Juda geblieben. Es musste bleiben, um auch im Gericht und im Leiden als Erstgeborener eine unnennbare Aufgabe in der Völkerwelt zu erfüllen. Kein Volk hat bisher seinen staatlichen Zusammenbruch, den Verlust seines Heiligtums, die Tränensaat in seinem Exil, das Verstummen seiner Propheten so als eine Auswirkung der ewigen Gerechtigkeit Gottes empfunden, wie das jüdische. Nicht nur die Klagelieder des Jeremias, nicht nur die Seufzer und Gebete der nachexilischen Psalmen, sondern eine ganze Gebetsliteratur des Spätjudentums mit seinen erschütternden Bekenntnissen legt Zeugnis davon ab, wie tief der wahre, von Gott begnadete Jude seine Schmach, seine Heimatlosigkeit, seine Verbannung als ein gerechtes Gericht Gottes empfindet und trägt.

Das Entscheidende dabei war immer wieder, wie seine Propheten die so tragischen Ereignisse ihres Volkes beurteilten und mitten im Gericht dem Volke dennoch eine lebendige Hoffnung für die Zukunft zu geben vermochten. Ihrem Geiste waren die großen politischen Weltereignisse keine sinnlosen Willkürakte, sie standen ihnen im engsten Zusammenhang mit Gottes Weltregierung, wie diese sich im Leben der Völker in Gnade und Gericht zu äußern vermag. Sie sahen daher nie ihr Volk hoffnungslos dem jeweiligen Weltgeschehen preisgegeben. Auch im schwersten Gericht und im Weltexil sollte das Volk wissen, dass Gott nicht seinen Bund mit ihm gebrochen hat und nicht aufhört, ihr Gott zu sein. Diese Hoffnung ihrem Volke in sein kommendes Exil je und je mitzugeben, gehört zum Größten, das die Propheten für ihr Volk taten.