2. Mose

2Mo 32,11 J.Kroeker Von der Erkenntnis Gottes.

"Da flehte Mose vor dem Angesichte des Herrn, seines Gottes und sprach: Zu welchem Zweck, o Herr, soll Dein Zorn wider Dein Volk erglühen, das Du aus dem Lande Ägyptens mit großer Kraft und mit starker Hand geführt hast?" 2.Mose 32,11.

In diesem Flehen liegen die großen "Warum" jenes Glaubens, der in einem angedrohten Gottesgerichte für die Irrenden und Gefallenen nicht zur Ruhe kommen kann. Der Glaube ringt vielmehr in diesen seinen schwersten inneren Konflikten und Fragen nach einem Halt in Gott. Diesen Halt findet er in Gottes bisherigem Wirken und in den einst dem Volke gegebenen Verheißungen. So findet er jene Worte, die das irrende Volk in Beugung und Buße selbst hätte finden sollen. Aber da es sie nicht findet, spricht er sie für das Volk.

Das ist heiliger Mittlerdienst, wenn man seiner Brüder Sünden vor Gott erst behandeln lernt, als ob es die eignen wären. Propheten mit solch einem Glauben kann Gott vom Berge und von seinem Angesichte zu den Irrenden mit der Gewissheit steigen lassen, dass die Vergebung größer sein wird als die Schuld, die Barmherzigkeit siegen wird über das Gericht, und die Verheißung endlich doch triumphieren wird auch über das Versagen des Volkes.

Durch Mose hatte der Herr seinen Weg zum Volke gefunden, und durch Mose fand das Volk aus seiner Verirrung und seinem Gericht nun wieder zurück zu Gott. Von dieser ungeheuren Tragweite war stets der Mittlerdienst derer, die nicht vor der Schuld ihres Volkes, sondern vor der Barmherzigkeit und dem Können Gottes stehen blieben. Jede neue Heilszeit in der Menschheitsgeschichte ist durch solche Mittlerdienste wahrer Gottespropheten eingeleitet und zum Heile der Zukunft vermittelt worden.

Vom Volke stieg Moses wieder hinauf zu Gott und bekannte die ganze Schuld seines Volkes, aber verbunden mit der ergreifenden Bitte: "Und nun, wenn Du ihnen ihre Sünden vergeben möchtest wenn nicht, so streiche auch mich aus Deinem Buche, das Du geschrieben hast." Das sind in der Regel nur ganz große Propheten, die so das Schicksal ihres Volkes zu teilen wünschen, wie Mose es hier in seinem priesterlichen Schmerz vor dem Herrn auszusprechen wagte. Aber gerade diese Propheten, die sich so stark nur als ein Glied des ganzen Volkes fühlten, waren es, die im Laufe der Geschichte in der Regel nicht nur Einzelne, sondern weiteste Volksschichten aus ihrer Nacht und Verirrung in das Licht eines neuen Tages zu heben vermochten. Von Gott herkommend, führten sie in entscheidender Stunde ihr um ein Gottessymbol tanzendes Volk wieder zu Gott selbst und Seiner neuschaffenden Kraft und Offenbarung zurück.