2Mo 20,18
J.Kroeker
Von Israel und seinem Fall.
"Als nun das Volk solches sah, zitterte es und stand von
ferne und sprach zu Mose: Rede du mit uns, wir wollen hören,
Gott jedoch soll nicht mit uns reden. Wir möchten sonst
sterben." 2.Mose 20,18 f.
Als durch die Bestimmungen und durch die Heiligung des Volkes
der dritte Tag für den Empfang des Gesetzes vorbereitet war,
führte Mose das Volk aus dem Lager Gott entgegen. "Da waren
Donner und Blitze und eine schwere Wolke auf dem Berge und
ein überaus scharfer Posaunenton. Alles Volk, das im Lager
war, erbebte." Ja, Gott kann und will in seinem Worte
vernommen werden, auch wenn die ganze Welt zittert und bebt.
Denn das Erzittern vor Ihm führt zum Leben, nicht aber zum
Tode. Wie schwer jedoch der Mensch das zu seinem Heil je und
je erfasste, das zeigt uns das fernere Verhalten der Gemeinde
Israels unten am Berge. "Als nun das Volk solches sah,
zitterte es und stand von ferne und sprach zu Mose: Rede
du mit uns, wir wollen hören; aber Gott soll nicht mit
uns reden, wir könnten sonst sterben."
Wie oft ist seit dem großen Sinaiereignis der Mensch dieser
inneren Stimmung seiner Seele verfallen, dass er vorzog, lieb
er die Stimme des Propheten als die Stimme Gottes zu hören.
Ist doch diese Sprache der Furcht seitdem nicht nur unzählige
Male von der israelitischen Gemeinde, sondern auch von der
neutestamentlichen gesprochen worden. Man kam bis zum
Propheten, aber nicht zu dem, der den Propheten gesandt
hatte. Was Wunder, wenn später dann das Volk zwar unendlich
viel von seinen Propheten, aber so unendlich wenig von Gott
zu sagen wusste. Man trug hinfort weit mehr das Bild eines
Propheten als das Bild Gottes in seiner Seele. Infolge solch
einer falschen Einstellung denen gegenüber, durch die Gott
seine Offenbarung dolmetschen ließ, hing der Mensch später
vielfach weit mehr an den Lippen seiner Propheten, denn am
Munde Gottes.
Aber in der Regel blieb der Mensch auch dabei noch nicht
stehen. Eines Tages zog er es vor, lieber seine eigene
Stimme, als die der Knechte Gottes zu hören. Als Mose auf
dem Berge weilte und daselbst die Gesetzesoffenbarung für das
ganze Leben und den innerlichen Aufbau der Gottesgemeinde
empfing, sprach unten eines Tages das Volk zu Aaron: "Auf!
Mache uns Götter, die vor uns hergehen sollen; denn dieser
Mann Mose, der uns aus dem Lande Ägypten herausgeführt hat,
von dem wissen wir nicht, was ihm geschehen ist." In diesem
seinem törichten Wunsch des Herzens hörte das Volk nun sich
selbst. Das Göttersymbol, das goldene Kalb, sollte dem Volke
hinfort das Sprechen Gottes und das seines Knechtes ersetzen.
Denn nachdem Aaron ein goldenes Kalb gegossen hatte, sprach
das Volk: "Das sind deine Götter, Israel, die dich aus
Ägypten geführt haben!"