1Mo 32,32
W.Nee
Als er an Pniel vorüber war, ging ihm die Sonne auf; und er
hinkte an einer Hüfte. 1. Mose 32,32
Hier in Pniel, wo ihm Gott von Angesicht zu Angesicht
gegenübertrat, erhielt Jakob den neuen Namen Israel.
Trotzdem nennt ihn der biblische Bericht weiterhin Jakob!
Und das hat seinen Grund. Niemand kann sich in einer
einzigen Nacht völlig verwandeln. Auch Jakob selbst war sich
keiner großen Veränderung bewußt. Er wußte nur, er war Gott
begegnet und hinkte jetzt.
Wenn wir die Schrift dazu benutzen, unsere Erfahrungen zu
interpretieren, vor allem wenn Gott uns in besonderer Weise
begegnet ist, so ist dies berechtigt. Wir sollten uns jedoch
davor hüten, sie dazu zu gebrauchen, daß wir uns falsche
Vorstellungen von unserer Vollkommenheit machen. Gottes Wort
ist fest mit konkreten Tatsachen verknüpft, und nichts ist
für geistliches Wachstum so hemmend wie Anmaßung. Auch bei
Jakob bedeutete Pniel nicht, daß er an der Vollkommenheit
angelangt war; es war nur der Beginn einer neuen,
verwandelnden Gotteserfahrung. »Die Sonne ging ihm auf.«
C.Eichhorn
Israel oder: Durch Nacht zum Licht (VII)
Als er an Pniel vorüberkam, ging ihm die Sonne auf;
und er hinkte an seiner Hüfte. 1. Mose 32, 32
Es war nicht zufällig, daß eben die Sonne aufging. Es ist
ein Abbild dafür, daß ihm eine andere Sonne, die Gnadensonne,
aufgegangen war und sie nun über seinem Leben leuchtete. Die
Wolken waren hinweg. Es hatte sich erfüllt: "Ich vertilge
deine Missetat wie eine Wolke und deine Sünde wie den Nebel."
Es war Tag geworden im Leben Jakobs. - Wenn Jesus Christus,
der helle Morgenstern, in unserem Herzen aufgeht, dann wird
es Tag, und wir werden Kinder des Lichts. Zuvor sind wir
dunkle, unzufriedene Menschen. Wir haben immer etwas
auszusetzen. Wir sind nie so recht zufrieden. Zufrieden
wird erst, wer Jesus hat. Ein solcher Mensch wohnt auf der
Sonnenseite. Er sieht nicht das Unangenehme und bleibt nicht
daran hängen. Er sieht alles im Licht von oben, und er
erblickt auch im Unerfreulichen etwas Gutes, Segensreiches
und in den Widerwärtigkeiten heilsame Lektionen. Wo Jesus
ist, da herrscht der Dank. Da erkennt man überall die gute
Hand Gottes. Des Klagens wird weniger und des Lobsagens
immer mehr. "Und er hinkte." Sein äußerer Mensch ging nicht
bereichert aus dem Kampf hervor. Im Gegenteil! Die
Naturkraft war gebrochen. Seine äußere Gestalt war eine
Kreuzesgestalt. Er war beständig gehemmt und mußte seine
Ohnmacht empfinden. Das Leben wahrer Gotteskinder steht
unter dem Zeichen des beständigen Sterbens. "Ich sterbe
täglich", sagt Paulus. Gotteskinder haben alle etwas von
der Lazarusgestalt. Selten ist jemand im Vollbesitz der
Gnadenkraft und der Naturkraft. - Dieser Hemmschuh war ein
Segen für Jakob, ein beständiges Erinnerungszeichen an sein
großes Erlebnis, ein Vorbeugungsmittel, daß er seinem Gott
nicht wieder entlief. So müssen wir's ansehen, wenn Gott uns
irgendeinen Defekt anhängt. Es ist besser, als ein Krüppel
ins Leben eingehen, als daß der ganze Mensch in die Hölle
geworfen wird. Beschwere dich nicht, wenn du einen Schlag
für lebenslang davongetragen hast, wenn du ein halber
Invalide bist! Gott gibt dir nicht viel Spielraum, damit
du ihm nicht wieder entweichst. Zugleich kann er seine
Gnadenkraft in der Schwachheit noch viel mehr entfalten. So
hat es ein Paulus erfahren. Er dachte, er könne mehr wirken,
wenn er von seinem lästigen Übel befreit würde. Aber er
irrte sich. Der Herr sagte ihm: "Meine Kraft vollendet sich
in der Schwachheit." Da kommt sie erst zur vollen Auswirkung.
Da kann sie sich erst ganz entfalten. Es wird der
Selbstüberhebung gewehrt, und man lernt auf Schritt und Tritt
sich an ihn halten, der Stärke gibt dem Unvermögenden und
sich verherrlicht in unserer Ohnmacht.