1Mo 12,10
J.Kroeker
Vom Versagen unseres Glaubens.
"Da kam eine Hungersnot ins Land, und Abraham ging nach
Ägypten hinab, um dort als Fremdling zu weilen, denn die
Hungersnot war schwer im Lande." 1.Mose 12,10.
Auch jener Boden, auf den der Glaube sich gestellt sieht und
auf dem sein Segen und seine Zukunft liegen sollen, kann eine
Hungersnot erleben. Das Geheimnis für das sittliche und
äußerliche Gedeihen Abrams soll nicht in einer dauernden
Fruchtbarkeit seiner Heimat, es soll in seinem
Glaubensverhältnis zur göttlichen Offenbarung liegen. "Ich"
will dich segnen! schrieb die göttliche Verheißung über die
Zukunft Abrams und machte dessen Leben und Segen unabhängig
von den Wechselerscheinungen jenes Landes, in das er sich
verpflanzt sah. Und doch ging Abram "nach Ägypten hinab".
Er erkannte nicht die Versuchung, die in der eingetretenen
Hungersnot für seine Glaubensstellung zur göttlichen
Offenbarung lag. Gottes Leitung garantierte an sich niemals
einen Weg und eine Zukunft, die ohne Prüfungen, Kämpfe,
Leiden und Opfer sein werden. Aber sie garantiert, dass wir
bei aller Separation doch nicht allein sein werden, dass
Gott uns in der Dürre "mit Honig aus dem Felsen sättigen
wird", dass niemals eine Prüfung über die Kraft der Gnade
hinausgehen soll, in der auch wir die Welt überwinden können.
Nicht Vorhandenes dem Abram nehmen, sondern Neues seinem
Glauben erschließen will die göttliche Offenbarung, wenn sie
über jenes Land eine Hungersnot kommen lässt, in dem Abram
seine Heimat und Zukunft finden soll.
Es war selbstverständlich für den Menschen, dass Abram
angesichts der schweren Hungersnot hinab nach Ägypten
zog. Schon damals galt Ägypten mit seinen nie versagenden
Fruchtfeldern des Nilstromes als "die Kornkammer" der Welt.
So hoffte auch Abram hier Brot und Futter für sich, seine
Knechte und Mägde und seine Herden zu finden. Aber so
verständlich es vom Standpunkt des Menschen aus war, so
unverständlich war es vom Standpunkt des Glaubens aus. Denn
der Glaube und sein Handeln sind gebunden an die Leitung der
göttlichen Offenbarung. Abram sah sich aber nicht durch
göttliche Führung, sondern durch den Druck der Verhältnisse
und durch die Fruchtbarkeit Ägyptens in seinem Entschluss
bestimmt. Wohl fand er in Ägypten Korn und Brot, verlor aber
heilige Werte der Seele. Er geriet in Nöte und Konflikte,
die schwerer waren als das Ertragen einer Hungersnot.
Selbsterwählte Wege trugen Glaubenden nie einen Segen ein.
Die Quellgebiete des Segens liegen für Menschen, die wie
Abram an Gott gebunden sind, allein in jenem Lebensraum, in
den Gott sie gestellt hat.