1Mo 8,9
C.H.Spurgeon
,,Die Taube fand nicht, da ihr Fuß ruhen konnte."
1 Mose 8, 9.
Liebe Seele, kannst du außer der Arche, die da ist Jesus
Christus, Ruhe finden? Dann laß dir sagen, daß deine Frömmigkeit
eitel ist. Bist du mit etwas Geringerem zufrieden, als mit einem
klaren Bewußtsein deiner Vereinigung und Gemeinschaft mit
Christo, dann wehe dir. Wenn du darauf Anspruch machst, ein
Christ zu sein, und dennoch in weltlichen Vergnügungen und
irdischen Genüssen volle Befriedigung finden kannst, dann ist
dein Christenbekenntnis eine Lüge. Wenn sich deine Seele der
Ruhe hingeben kann und das Bett lang genug und die Decke weit
genug findet, um sich darein zu wickeln, und sich in den Kammern
der Sünde wohl fühlt, dann bist du ein Heuchler und weit entfernt
von jedem richtigen Verständnis der Würde und Köstlichkeit
Christi. Sobald du dagegen fühlst, daß, wenn du dich ohne Furcht
vor der Strafe der Sünde hingeben könntest, die Sünde an und für
sich schon zur Pein für dich würde; daß, wenn du die ganze Welt
besitzen, und ewig darin bleiben könntest, es für dich ein
großes Unglück wäre, nicht aus derselben genommen zu werden; -
weil dein Gott, ja, dein Gott es ist, nach dem deine Seele
schmachtet: dann sei gutes Muts, dann bist du ein Kind Gottes.
Trotz aller deiner Sünden und Mängel sei das dein Trost: wenn
deine Seele keine Befriedigung findet in der Sünde, dann bist du
nicht wie die Gottlosen! Wenn du noch nach etwas Besserem suchst
und seufzest, dann hat dich Christus nicht verlassen, denn du
hast Ihn noch nicht vergessen. Der Gläubige kann nicht leben
ohne seinen Herrn; Worte sind nicht imstande auszudrücken, wie
und was er von Ihm denkt. Wir können von dem Sande der Wüste
nicht leben, wir bedürfen das Manna, das vom Himmel trieft; die
Wasserschläuche unsres Vertrauens auf die Kreatur können uns
keinen Tropfen der Erquickung bieten, sondern wir trinken aus
dem Fels, der hinter uns hergeht, und der ist Christus. Wer Ihn
zu seiner Speise wählt, kann singen: ,,Der deinen Mund fröhlich
macht, und du wieder jung wirst wie ein Adler." Wenn du Ihn aber
nicht besitzest, so freuen dich deine überströmenden Weinfässer
und deine wohlgefüllten Vorratshäuser nicht: vielmehr mußt du
über sie klagen mit den Worten des weisen Predigers: Alles ist
eitel, ja, alles ist eitel.
C.H.Spurgeon
,,Da tat er die Hand heraus und nahm sie zu sich in den
Kasten."
1 Mose 8, 9.
Ermüdet von ihren Irrzügen, kehrt die Taube zuletzt zurück zur
Arche, als zu ihrer einzigen Ruhestätte. Wie müde fliegt sie, sie
will sinken; ach, sie kann die Arche nicht mehr erreichen! Aber
sie kämpft vorwärts. Noah hat den ganzen Tag den Blick nach
seiner Taube in die Ferne gerichtet und erwartet sie, um sie
hereinzunehmen. Sie hat gerade noch Kraft genug, um das äußerste
Ende der Arche zu erreichen, kaum vermag sie den Fuß darauf zu
setzen und stürzt beinahe hinunter. Da streckt Noah seine Hand
aus und nimmt sie zu sich hinein. Beachte wohl: er ,,nahm sie zu
sich." Sie flog nicht geradeswegs in die Arche; entweder war sie
zu furchtsam ober zu müde dazu. Sie flog noch, so weit sie
konnte, und dann tat er seine Hand heraus und nahm sie zu sich.
Diese Barmherzigkeit widerfuhr der irrenden Taube, und sie ward
nicht gescholten ob ihres Umherirrens. Gerade wie sie ankam,
ward sie in die Arche aufgenommen. So wirst auch du,
heilsbegieriger Sünder, trotz aller deiner Sünden aufgenommen.
,,Kehre wieder!" So spricht dein gnädiger Gott zu dir, und mehr
verlangt Er nicht. - Nur ,,Kehre wieder" und sonst nichts mehr?
- Nein, nur ,,Kehre wieder." Die Taube hatte diesmal noch keinen
Ölzweig in ihrem Schnabel; sie brachte nichts zurück als sich
selbst mit ihren Verirrungen. Aber es steht nur geschrieben:
,,Kehre wieder;" sie kommt zurück, und Noah nimmt sie zu sich.
Fliege, du Irrender; fliege, du Ermattender, du Taube, ob du
dich gleich vor Sünden so schwarz siehst wie einen Raben:
zurück, zurück zu deinem Heiland! Jeder Augenblick, den du noch
zögerst, vermehrt dein Elend; alle deine Versuche, deine Federn
zu schmücken und dich für den Herrn Jesum vorzubereiten, sind
umsonst. Komm zu Ihm, wie du bist. ,,Kehre wieder, o abtrünniges
Israel." Es heißt nicht: ,,Kehre wieder, du reuiges Israel,"
obgleich auch diese Einladung ergeht, sondern: ,,du abtrünniges
Israel;" komm als ein Abtrünniger mit all deinen Verirrungen.
Kehre wieder! Kehre wieder! Kehre wieder! Jesus wartet auf dich!
Er tut seine Hand heraus und ,,nimmt dich zu sich."
,,Suchest du die wahre Ruh',
Wende dich dem Heiland zu."
D.Rappard
Da aber die Taube nicht fand, da ihr Fuß ruhen konnte,
kam sie wieder zu Noah in die Arche. Und er tat die
Hand heraus und nahm sie zu sich in die Arche.
1. Mos. 8,9.
Noch waren die Wasser der Sündflut nicht verlaufen. Wo
einst blühende Gefilde lagen, war jetzt ein ödes Meer.
Da ließ Noah einen Raben aus der Arche fliegen, um zu
erkunden, wie es stünde. Der Rabe kehrte nicht zurück; er
fand Nahrung in den modernden Überresten und ließ es sich dabei
genügen. - Der Taube, die Noah acht Tage später ausfliegen
ließ, ging es gar anders. Lange flog sie über die dunklen
Gewässer, suchte da und suchte dort, und fand nirgends einen
Platz, da ihr Fuß ruhen konnte. Wohin, wohin sollte sie fliehen?
Wo anders als zur Arche! Da ist Ruhe. Da ist Sicherheit. Sie
brauchte nicht lange Einlaß zu suchen. Noah's Auge hatte sie
erblickt; seine Hand streckte sich ihr entgegen, und bald ruhte
das zitternde Täublein im sicheren Bergungsort.
Bist du auch solch eine Taube, müdes Herz? Kannst auf
Erden nigends Ruhe finden? Kannst hier deiner Seele Hunger
nicht stillen? Vielleicht hast du den Frieden der Arche
schon gekannt und wieder verloren. So mache es wie das
Täublein. Kehre wieder, kehre wieder! Die bergende Arche ist
da. Die liebende Hand ist dir entgegengestreckt. Komm nur!
Herr, laß mich immer Heimweh haben, wenn ich nicht in Dir bin.
In Dir aber laß mich allzeit finden Leben und volle Genüge.
Ich fliehe auch jetzt zu Dir.