1Mo 8,6
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Nach vierzig Tagen tat Noah das Fenster auf an dem Kasten,
das er gemacht hatte." 1.Mose 8,6.
Als das erste große Weltgericht seinen erschütternden
Dienst erfüllt hatte, wurden die Quellen der Tiefen und die
Schleusen des Himmels wieder von der Hand dessen geschlossen,
der sie geöffnet hatte. Als Noah dann merkte, dass die
Fluten zu sinken anfingen, und die Spitzen der Berge sichtbar
wurden, wartete er mit Sehnsucht auf das Ende des durchlebten
Gerichtes. So wird uns von ihm berichtet: "Da war es denn
nach Verlauf von vierzig Tagen, öffnete Noah das Fenster der
Arche, welches er gemacht hatte."
Auch Noah empfand das völlig Anormale der Flutkatastrophe.
War doch die alte Welt nicht untergegangen, um für die
Zukunft den Gerichtszeiten einen dauernden Zustand zu
verschaffen, sondern um aus dem Gerichte eine neue Welt
erstehen zu lassen. Gerichtszeiten waren daher nie das
Normale, Gottgewollte, dauernd Bleibende. Sie erwiesen sich
immer wieder nur als eine schmerzliche Notwendigkeit, die
Herrschaft einer kainitischen Geschichtsentwicklung
aufzuheben, um in Noah die Herrschaft Gottes für die Zukunft
auf Erden zu retten.
Wie in solchen Zeiten in der Regel alles anormal ist, so war
es auch Noahs Leben in der Arche. Er war nicht für die Arche
gerettet worden, die Arche mit ihren Beschränkungen sollte
ihn für die Freiheit eines neuen Lebens retten, wo er
Gelegenheit haben würde, alle Kräfte und Gaben ungebunden zum
Aufbau der neuen Zukunft zu entfalten. Nicht in der Arche,
außerhalb der Arche lag sein zukünftiges Betätigungsfeld.
Was untergegangen war, sollte neu aufgebaut und von dem
Geiste eines Gott hingegebenen Lebens geleitet und beherrscht
werden.
Es war daher selbstverständlich, dass Noah auf das Ende der
durchlebten Gerichtszeit wartete und nach dem Anbruch jenes
Neuen ausschaute, das aus der hinter ihm liegenden Nacht
hervorbrechen sollte. Durch ihn sollte der Welt jene
zeitliche Ruhe wiedergegeben werden, nach der bereits sein
frommer Vater Lamech mit tiefer Sehnsucht ausschaute und
daher seinem Erstgeborenen in der Hoffnung auf die
herannahende Erfüllung den so verheißungsvollen Namen Noah,
d.h. Ruhe, zu geben wagte. Nun steht dieses Zeitalter Noahs
mit all seinen erschütternden Ereignissen vor unserem
Geschlecht als einer der ältesten und gewaltigsten Zeugen,
sowohl von der Gerechtigkeit, als auch der Barmherzigkeit
Gottes in der menschlichen Geschichtsentwicklung. Sein
Zeugnis will uns dienen, damit nicht auch unsere Entwicklung
einer verwandten Katastrophe entgegeneile.