1Mo 8,1
Ch.Spurgeon
"Und der Herr roch den befriedigenden Geruch, und der Herr
sprach zu seinem Herzen: Ich will fortan die Erde nicht
mehr verfluchen um des Menschen willen, denn das Dichten
des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an."
1. Mose 8,21
Seltsame Logik! Im 6. Kapitel sagt Gott, daß die Menschen
böse seien, und deshalb vertilgte er sie. Im 8. Kapitel
sagt er, daß der Mensch böse sei von seiner Jugend an und er
ihn deshalb nicht vertilgen wolle.
Diese seltsame Schlußfolgerung wird durch den kleinen Umstand
am Anfang des Verses erklärt: "Der Herr roch den
befriedigenden Geruch." Ein Opfer war da, und das macht einen
großen Unterschied. Wenn Gott auf die Sünde ohne Opfer
sieht, so spricht die Gerechtigkeit: "Schlage! Verfluche!
Vertilge!" Aber wenn ein Opfer da ist, so blickt Gott mit
Erbarmen auf den Sünder; und wenn auch die Gerechtigkeit
spricht: "Schlage!", so spricht er doch: "Nein, ich habe
meinen Sohn geschlagen und will den Sünder schonen!"
Daß wir verderbt sind, ist wohl eine Begründung für die
Schlechtigkeit unserer Handlungen, aber niemals eine
Entschuldigung. Wir sind als Sünder geboren, und Gott sucht
einen Weg, uns zu begnadigen. Aufgrund der Gerechtigkeit
läßt sich kein Anlaß finden, warum er mit uns Erbarmen haben
sollte; aber die Gnade findet einen Weg.
Wir fielen gewissermaßen alle, als unser Stammeshaupt Adam
fiel. Durch die Sünde Adams ist unser Herz böse von Jugend
auf, und nun kommt es mir vor, als wenn Gottes Erbarmen hier
einhakte. Er schien zu sprechen: "Diese meine Geschöpfe sind
in ihrem Vertreter gefallen; deshalb kann ich sie auch durch
einen Vertreter erretten. Sie kamen durch einen Adam ins
Verderben; ich will sie durch einen anderen retten." - "Denn
gleichwie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus
alle lebendig gemacht werden."
Gesegneter Weg des Verderbens, der es möglich machte, daß
der gesegnete Weg des Heils zustande kam - Heil durch
Stellvertretung, Heil durch Opfer, Heil durch ein neues
Bundeshaupt, das für uns geopfert ist, damit Gott den
lieblichen Geruch riechen und uns befreien kann.
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Nach vierzig Tagen tat Noah das Fenster auf an dem Kasten,
das er gemacht hatte." 1.Mose 8,1.
Als das erste große Weltgericht seinen erschütternden
Dienst erfüllt hatte, wurden die Quellen der Tiefen und die
Schleusen des Himmels wieder von der Hand dessen geschlossen,
der sie geöffnet hatte. Als Noah dann merkte, dass die
Fluten zu sinken anfingen, und die Spitzen der Berge sichtbar
wurden, wartete er mit Sehnsucht auf das Ende des durchlebten
Gerichtes. So wird uns von ihm berichtet: "Da war es denn
nach Verlauf von vierzig Tagen, öffnete Noah das Fenster der
Arche, welches er gemacht hatte."
Auch Noah empfand das völlig Anormale der Flutkatastrophe.
War doch die alte Welt nicht untergegangen, um für die
Zukunft den Gerichtszeiten einen dauernden Zustand zu
verschaffen, sondern um aus dem Gerichte eine neue Welt
erstehen zu lassen. Gerichtszeiten waren daher nie das
Normale, Gottgewollte, dauernd Bleibende. Sie erwiesen sich
immer wieder nur als eine schmerzliche Notwendigkeit, die
Herrschaft einer kainitischen Geschichtsentwicklung
aufzuheben, um in Noah die Herrschaft Gottes für die Zukunft
auf Erden zu retten.
Wie in solchen Zeiten in der Regel alles anormal ist, so war
es auch Noahs Leben in der Arche. Er war nicht für die Arche
gerettet worden, die Arche mit ihren Beschränkungen sollte
ihn für die Freiheit eines neuen Lebens retten, wo er
Gelegenheit haben würde, alle Kräfte und Gaben ungebunden zum
Aufbau der neuen Zukunft zu entfalten. Nicht in der Arche,
außerhalb der Arche lag sein zukünftiges Betätigungsfeld.
Was untergegangen war, sollte neu aufgebaut und von dem
Geiste eines Gott hingegebenen Lebens geleitet und beherrscht
werden.
Es war daher selbstverständlich, dass Noah auf das Ende der
durchlebten Gerichtszeit wartete und nach dem Anbruch jenes
Neuen ausschaute, das aus der hinter ihm liegenden Nacht
hervorbrechen sollte. Durch ihn sollte der Welt jene
zeitliche Ruhe wiedergegeben werden, nach der bereits sein
frommer Vater Lamech mit tiefer Sehnsucht ausschaute und
daher seinem Erstgeborenen in der Hoffnung auf die
herannahende Erfüllung den so verheißungsvollen Namen Noah,
d.h. Ruhe, zu geben wagte. Nun steht dieses Zeitalter Noahs
mit all seinen erschütternden Ereignissen vor unserem
Geschlecht als einer der ältesten und gewaltigsten Zeugen,
sowohl von der Gerechtigkeit, als auch der Barmherzigkeit
Gottes in der menschlichen Geschichtsentwicklung. Sein
Zeugnis will uns dienen, damit nicht auch unsere Entwicklung
einer verwandten Katastrophe entgegeneile.