1Mo 3,5
A.Christlieb
Ihr werdet sein wie Gott. 1. Mose 3, 5
Mit diesen Worten hat Satan den Menschen betrogen und sein
Streben nach gottähnlicher Macht geweckt. Der natürliche
Mensch sucht dauernd dieses Ziel mit Aufbietung aller seiner
Kräfte zu erreichen, wird dabei aber gründlich betrogen.
Jesus dagegen zeigt uns den Weg, wie wir in Wahrheit zu
göttlicher Machtstellung gelangen können. Er spricht (Matth.
20, 26): ,,So jemand unter euch will gewaltig sein, der
sei euer Diener." Der göttliche Weg ist dem natürlichen
genau entgegengesetzt. Dienen ist ein Verzichten auf
Herrschergewalt. Dienen ist ein Sich-Beugen unter andere.
Dienen heißt, den andern höher stellen als sich selbst.
Nur diejenigen, die sich den Diene-Mut, die Demut schenken
lassen, sind auf dem Weg zum Thron. Das hat der Herr Jesus
seinen Jüngern Jakobus und Johannes gesagt, welche sich die
beiden Plätze zu seiner Rechten und zu seiner Linken im Reich
Gottes gewünscht hatten. Der Weg zum Thron geht durch das
Demutstal. - Einen zweiten Hinweis für Thronbewerber in der
Herrlichkeit gab der Herr Jesus in dem Wort Luk. 19, 17:
,,Weil du im Geringsten treu gewesen bist, sollst du Macht
haben über zehn Städte." Der Weg heißt: ,,T r e u im Kleinen!
Menschliche Herrschsucht macht große Pläne und steckt sich
weite Ziele." Jesus sagt: ,,In deiner nächsten Nähe, in den
kleinen Pflichten des Hauses und der Familie und des Berufes
liegen die Aufgaben, deren t r e u e Erfüllung ewig gelohnt
wird, sofern sie im Namen Gottes erfolgten. Auf T r e u e
warten K r o n e n !" - Und endlich Offbg. 2, 26 f.: ,,Wer
überwindet, dem will ich M a c h t geben." Überwindet!
Das ist ein inhaltsschweres Wort. Wir denken an die
Kanaaniter-Reste mit den eisernen Wagen in den Gründen und
an die schweren Kämpfe Israels mit ihnen. Unser Kampf mit
der Sünde in unseren Herzensgründen ist härter und schwerer.
Der Überwinder aber wird gekrönt! Sind wir auf dem Weg zum
Throne und zur Krone?
C.O.Rosenius
Da sprach die Schlange zum Weibe: Gott weiß, daß, welches
Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan und
ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
1. Mos. 3, 5.
Welche verschlagene Zweideutigkeit und Schlangenlist äußert
sich doch in diesen Worten, wie gebärdet sich hier der
Teufel! Wie ein Engel des Lichts ist er gekleidet und
sagt nun nicht etwa zu Adam und Eva: ,,Ihr sollt gar nicht
beachten, was Gott sagt", sondern im Gegenteil, er nimmt Gott
zum Zeugen dessen, was er gesagt hat, und nimmt die eigenen
Worte zum Beleg dafür. Er gibt nur eine Erklärung des
Namens, den Gott dem Baum gegeben hatte. Gott hatte ihn im
Verbot ,,den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen"
genannt. Was das bedeutet, wollte der Teufel nun auslegen.
,,Gott weiß", sagte er, Gott hat durch den Namen dieses
Baumes zu erkennen gegeben, daß man durch ihn die Erkenntnis
vom Guten und vom Bösen erhält, eine Erkenntnis, die Er
selbst besitzt. Wenn ihr davon eßt, werdet ihr wie Gott
sein und wissen, was gut und böse ist. Dies alles sind ja
vortreffliche Dinge, weise und erleuchtet wie Gott zu werden,
das kann doch nichts Böses sein! Wenn Gott dies nun weiß,
dann ist es ja unmöglich, daß Er, euer holder, allgütiger
Vater, euch verboten haben sollte, von diesem Baume zu essen.
So hat mancher die Hinterlist des Satans verstanden. Andere
dagegen meinen, daß Er dadurch den Verdacht einer Mißgunst
Gottes einflößen wollte, nämlich, daß Gott ihnen nicht
gönnte, so glücklich und so herrlich zu werden. Beide
Meinungen können gut zusammen bestehen. - Eva konnte ja nur
diesen Schluß ziehen: Wenn Gott weiß, daß unsere Augen durch
das Genießen dieser Frucht geöffnet werden, so kann Er uns
nicht verboten haben, davon zu essen. Wir müssen Seine Worte
offenbar falsch verstanden haben; denn wie könnte solch ein
Gebot mit Seiner Güte und Liebe übereinstimmen? Hat Er
dagegen uns wirklich verboten, davon zu essen, so können wir
daraus schließen, daß Er uns nicht günstig gesinnt ist.
Wie deutlich wird hier doch die Verruchtheit des Satans!
Und sie leuchtet noch häßlicher hervor, wenn man bedenkt,
wie er hier in seine bodenlose Lüge Wahrheiten mischt, die
er durch zweideutige Ausdrücke verändert und verdunkelt.
Er verspricht z. B., daß ihre Augen geöffnet werden
sollen. Das konnte so verstanden werden, daß sie eine
außerordentliche Weisheit und Einsicht bekommen würden;
er aber meint ohne Zweifel die betrübende Erfahrung, die
sie aus der Sünde und ihrer Strafe würden ziehen müssen.
Was in dieser Versuchung am meisten hervortritt und dazu bei
allen Kindern Adams so tiefe Merkmale hinterlassen hat, ja,
noch heute die eigentliche Grundquelle alles geistlichen
Verderbtseins, all der mächtigsten Versuchungen und des
tiefsten Falles ist, das ist die Verführung der Schlange zum
Hochmut, zur Selbstvergötterung und Unabhängigkeit oder zur
Selbstklugheit. Schon in den ersten Worten der Schlange
,,sollte Gott gesagt haben, ihr sollt nicht essen von
allerlei Bäumen im Garten", liegt der Gedanke verborgen: Ihr,
Gottes herrlichstes Werk, ihr, Herrscher über die ganze Erde,
solltet ihr gebunden sein? Solltet ihr nicht volle Freiheit
haben? Als aber die Dreistigkeit des Versuchers gestiegen
war, sagte er ausdrücklich: ,,Ihr werdet wie Gott oder Götter
sein." Gerade dieses ,,ihr werdet wie Gott sein" - nicht
durch eine Gottes-Gnade oder -Gabe, sondern durch eigene
Erkenntnis des Guten und des Bösen, durch eigenes
Unternehmen, eigenes Werk - machte tiefen Eindruck auf den
Menschen und hinterließ bei Adams Geschlecht Merkmale, die
noch heute unaufhörlich durchscheinen. Unleugbar ist es
auch etwas Bedeutungsvolles, daß die Schlange eine
Erkenntnisbegierde wachrief, die vor allem zu diesem
erschrecklichen Fall beitrug. Luther sagt: ,,Es ist
eigentlich des Teufels natürliches Gift, daß der Mensch
klüger sein will, als es ihm von Gott befohlen ist."
Erstens gibt es im allgemeinen nichts, was die Menschen in
geistlichen Dingen so töricht, so sehr feindlich gegen Gott
und Seine Wege gemacht hat, als die eingebildete Klugheit.
,,Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren
geworden", auch wenn sie wirklich den größten Vorrat an
Wissenschaften besäßen. Der Apostel sagt, daß ,,das Wissen
aufbläht". Je größer der Reichtum an Verstand und Wissen
ist, um so mächtiger sind auch die Versuchungen zur
Selbstvergötterung und Selbstklugheit, und desto mehr wird
dieser Mensch für Gottes Weisheit unempfänglich. ,,Gott
widersteht den Hoffärtigen" und ,,verbirgt" sein Licht ,,den
Weisen und Klugen". Wenn Er einem Menschen widersteht, ist
es mit ihm vorbei; dann fällt er aus einer Torheit in die
andere. ,,Alsdann bekommt er eine solche Weisheit", sagt
Luther, ,,daß er das für Gerechtigkeit ansieht, was Sünde
ist, und die äußerste Torheit für die höchste Weisheit; denn
dahin pflegt der Teufel die Sache zu bringen, daß, je weiter
der Mensch vom Worte abkommt, desto gelehrter und weiser
dünkt er sich zu sein."
Wache, Seel', allzeit
Dich zum Streit bereit'!
Denn der Teufel legt dort Schlingen,
Wo's am leicht'sten kann gelingen,
Das ist seine Weis';
Wache drum mit Fleiß!