Offb 21,4
C.O.Rosenius
Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der Tod
wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz
wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Offb. 21, 4.
Wenn alles das, was zum Ersten gehört, zum ersten Zeitraum
auf Erden - nämlich ,,Tränen", ,,Weinen", Schreien",
,,Schmerzen" und ,,Tod" - vergangen ist, dann wird nur Freude
sein und ,,liebliches Wesen zu der Rechten Gottes immer und
ewiglich." Dann werde ich nicht mehr weinen, mich ängstigen
und unter der Macht der Sünde in mir, unter den Versuchungen
des Teufels und der Lüge, der Verachtung und der Verschmähung
der Welt leiden. Bedenke! Ich werde dann nie mehr unter
sündlichen Gedanken oder Begierden leiden, sondern immer
heilig, rein, frei und geistlich sein. Dann werden in meinem
Herzen Wogen unendlicher Seligkeit sein. Dann werde ich ein
Herz haben, das Gott den Herrn vollkommen lieben kann, ein
Herz, das keine größere Seligkeit kennt als das Heilige und
Wunderbare, das ich schaue und genieße. Dann werde ich nicht
mehr nötig haben, mir zu sagen, daß ich Gott lieben soll,
sondern ich werde ein Herz haben, das nicht anders kann, als
Ihn und alles, was Ihm angehört, zu lieben.
O, welch eine selige Zeit, wenn die Sünde uns nicht mehr
anklebt! Wir werden nicht mehr kämpfen mit einem
aufrührerischen Herzen, das uns jetzt beständig von Gott
wegführen will, nicht mehr bedrückt werden von dem tiefen
Verderben, von der Trägheit, Kälte oder dem Zorn, der
Ungeduld, dem Stolz oder von der Scheu vor dem Bekennen
Christi. Kein Straucheln, kein Betrüben des Geistes, keine
sündlichen Worte oder Werke werden unser Gewissen mehr
kränken. Wir werden dann auf ewig von allem ausruhen.
Ferner werden wir nicht mehr irgend welche Zweifel an der
Liebe Gottes fühlen. Wir werden nicht mehr Worte nötig haben
wie diese: ,,Wie kann ich wissen, ob mein Herz aufrichtig
vor Gott ist, ob meine Bekehrung wahr oder ob mein Glaube
lebendig ist? Ich befürchte, daß alles, was ich tue,
Heuchelei ist und daß Gott mir darum zürnt." Alles das gehört
dem Ersten oder dem Erdenleben an. Alles das wird nun in
Lob verwandelt sein. Wir werden nie mehr Gottes Mißfallen
befürchten. Hier geschieht es oft, daß die Gläubigen den
Zorn Gottes sie ,,drücken und drängen fühlen mit allen seinen
Fluten." Wenn aber dies Erste vergangen ist, dann werden sie
vollkommen ,,sehen und schmecken, wie lieblich der Herr ist",
und Seine Anrede hören: ,,Ich habe Mein Angesicht im
Augenblick des Zorns ein wenig vor dir verborgen, aber mit
ewiger Gnade will Ich Mich deiner erbarmen." (Jes. 54, 8.)
Wir sagen nochmals: Bedenke, welch selige Sabbatruhe und
Erquickung wird es sein, wenn wir nicht mehr die Versuchung
des Fleisches und des Teufels fühlen! Welch ein Schmerz ist
es doch für einen Christen, nur Versuchungen zu allem Bösen
zu fühlen, - bald diese finsteren und lästerlichen Gedanken
von Gott, von Christus, von gewissen heiligen Wahrheiten,
bald wiederum Versuchungen dazu, sich zu den gegenwärtigen
Dingen zu wenden, mit der Lockspeise der Sünde zu spielen,
Freuden in den Lüsten des Fleisches zu suchen, das bereit
ist, wie Pulver Feuer zu fangen, sobald ein Funke
hineinfällt. Wir schweben hier in beständiger Gefahr. Jeder
unserer Sinne, jedes unserer Glieder, jedes erschaffene Wesen
kann uns zur Versuchung werden. Wir können kaum die Augen
öffnen, ohne diejenigen zu beneiden, die über uns stehen,
oder die Geringen zu verachten. Wie bald versündigen wir uns
mit der Zunge, vor allem auch mit dem Herzen! Haben wir
einen scharfen Verstand, wie bald werden wir aufgeblasen!
Sind wir Befehlende, wie bald mißbrauchen wir unsere Macht!
Sind wir Untergebene, wie bald murren wir über den Vorzug
anderer und tadeln sie! Mit solchen Herzen schleppen wir uns
herum. Bedenke, wie es sein wird, wenn wir vollkommen frei
von all diesem Bösen sein werden! Und dies alles auf ewig,
auf ewig, denn ,,das Erste ist vergangen.
Alles dieses ist aber nur geredet ,,wie ein Kind", und nur
von dem Bösen, wovon wir frei werden. Wer aber kann würdig
von dem Guten reden, das wir empfangen werden? Davon
nämlich, ,,was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat
und in keines Menschen Herz gekommen ist?" Bedenke nur, was
der allmächtige Gott tun kann, wenn Er sich vornimmt, Seine
heimkommenden Kinder recht zu erfreuen! Er kann unendliche
Seligkeit schaffen. Er kann, wenn es erforderlich ist,
sogar solche Herzen in uns schaffen, die von selbst eine
unaussprechliche Freude fühlen. Wir erfahren ja oft, wie
Sorge und Freude nur von der Stimmung des Herzens abhängen,
so daß ein fröhliches Herz sich ohne besonderen Anlaß freut.
Bedenke, wenn alle Umstände die seligsten sind und das Herz
außerdem frisch und froh, ja, so freudetrunken ist, wie der
allmächtige Schöpfer es machen kann. Wir lernen verstehen:
Wenn die Zeit kommt, zu der Gott Seligkeit bereiten will,
dann kann Er auch unaussprechliche Dinge schaffen. Er,
der selbst die Liebe ist, muß dies jetzt auch wollen, da
wir, die wir arg sind, Himmel schaffen möchten. - Herr,
vertreibe darum die tiefe Finsternis aus uns! Wir haben
ja unaussprechliche Dinge zu erwarten, so wahr Du selbst
es gesagt hast.
Kein Ohr hat je gehöret,
Kein menschlich Aug' gesehn,
Die Freud', so den'n bescheret,
Die Gott ihm ausersehn;
Sie werden Gott anschauen
Und seh'n von Angesicht
Mit ihres Leibes Augen
Das ew'ge, wahre Licht.