1. Johannesbrief

1Jo 3,6 W.MacDonald »Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen noch ihn erkannt.« 1. Johannes 3,6

Gestern hatten wir es schon mit einer Bibelstelle zu tun, die sich oft für Christen, die es sehr ehrlich meinen, als notvoll erweist. Heute wollen wir drei Verse aus dem ersten Johannesbrief betrachten, die die Gläubigen ebenfalls beunruhigen, wenn sie sich ihrer Sündigkeit nur allzu bewußt sind. Zu dem oben zitierten Vers kommt noch ein weiterer: »Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist« (1. Johannes 3,9). Und in 1. Johannes 5,18 heißt es ganz ähnlich: »Wir wissen, daß jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern der aus Gott Geborene bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an.« Wenn man diese Verse isoliert betrachtet, dann veranlassen sie bestimmt manchen von uns zu der Frage, ob er selbst denn überhaupt ein echter Christ ist.

Und doch heißt es in anderen Versen in demselben Johannesbrief, daß auch der Gläubige sündigt, beispielsweise in 1,8-10 und 2,1b.

Die Schwierigkeiten liegen zum großen Teil in der Übersetzung. Denn in der Ursprache des Neuen Testaments gibt es von den Begriffen her einen Unterschied zwischen dem Begehen von gelegentlichen Sünden und dem Ausüben der Sünde sozusagen als Lebensprogramm. Ein Christ begeht sehr wohl einzelne Sünden, aber die Sünde bestimmt nicht mehr sein ganzes Leben. Er ist ja befreit worden von der Sünde, unter deren Knechtschaft er bisher stand.

In einer neueren Übersetzung kommt klarer heraus, daß in den genannten Versen ein Beharren in der Sünde gemeint ist, nicht eine gelegentliche sündige Tat: »Wer mit Ihm verbunden bleibt, der hört auf zu sündigen. Wer aber weiterhin sündigt, hat Ihn weder gesehen noch verstanden« (1. Johannes 3,6). »Wer ein Kind Gottes ist, sündigt nicht mehr, weil Gottes Geist in ihm wirkt. Er kann gar nicht weitersündigen, weil Gott sein Vater ist« (1. Johannes 3,9). »Wir wissen, daß ein Kind Gottes nicht sündigt. Gott schützt es, damit der Satan ihm nicht schaden kann« (1. Johannes 5,18).

Jeder Christ, der sagt, daß er nicht sündigt, hat noch nicht voll verstanden, was Sünde eigentlich ist. Er erkennt offensichtlich nicht, daß alles, was Gottes vollkommenen Maßstäben nicht genügt, bereits Sünde ist. Es bleibt eine Tatsache, daß wir jeden Tag sündige Taten begehen in Gedanken, Worten und Werken.

Aber Johannes unterscheidet zwischen dem, was als Ausnahme geschieht und dem, was gewohnheitsmäßig getan wird. Bei einem wahren Gläubigen ist die Sünde etwas Fremdes und die Gerechtigkeit das eigentlich Kennzeichnende.

Wenn wir das erkannt haben, brauchen wir uns selbst nicht mehr mit diesen Versen zu quälen, die uns womöglich an unserem Heil zweifeln lassen. Die Tatsachen sind die folgenden: Gottes Wille ist es, daß wir nicht sündigen sollen. Doch leider tun wir es immer wieder einmal. Die Sünde ist jedoch nicht mehr die beherrschende Macht in unserem Leben. Wir üben sie nicht mehr so aus, wie wir es vor unserer Erlösung getan haben. Und wenn wir trotzdem noch sündigen, finden wir Vergebung, wenn wir bekennen und uns von unserem Unrecht abwenden.