Jak 1,12
C.Eichhorn
Ohne Proben keine Bewährung
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet! Jak. 1, 12
Der Apostel preist den selig, der in der Anfechtung nicht
weicht und abfällt. Kein Christ ist zu bedauern, wenn
allerlei Schweres über ihn kommt. Im Gegenteil! Wenn er
ausharrt, ist er glücklich zu preisen. Anfechtung erdulden
führt zur Bewährung und bahnt Herrlichkeit an. Wer richtig
zum Herrn steht, läßt sich auch durch die schwersten
Erfahrungen nicht in seiner Liebe zu Gott erschüttern. Die
Gefahr ist, daß man dadurch, daß der Strom der Gnade einen
über Niederungen trägt, seine Glaubenskraft überschätzt
und die Macht des Bösen unterschätzt. Dann zieht Gott
den spürbaren Segenszufluß zurück. Jetzt regen sich die
finsteren Neigungen und Triebe, die man bereits für
überwunden achtete, mit unheimlicher Gewalt. Jetzt soll
es sich entscheiden, wer den Sieg davonträgt: Christus
oder Satan.
Mancher nimmt das Wort auf "mit Freuden". Aber wenn
Leiden und Verfolgungen kommen, geht er zurück. Den
Widerwärtigkeiten weicht er aus oder läßt sich verbittern.
Nicht davonlaufen, sondern ausharren in der Schule, sei deine
Losung! Entfliehe nicht unangenehmen Verhältnissen! Wenn
dir ein schwer zu tragender Mensch an die Seite gestellt
wird, halte aus! Jesus trug Judas. Sein Vater wollte, er
sollte diese Probe durchmachen, einen unwahren, innerlich
fremden und feindseligen Menschen in seiner täglichen
Umgebung haben zu müssen. Wir sind so schnell dabei, uns
das Unangenehme vom Halse zu schaffen. Es gibt mitunter
besonders wichtige, ja eigentlich kritische Punkte, wo alles
auf dem Spiel steht. Entweder man bewährt sich oder man
versagt, und dann geht es rapide rückwärts. Wie oft ist
erweckten Seelen der Geldpunkt zu einer Klippe geworden,
an der sie scheiterten! Sie ließen sich hineinziehen in den
Geldwucher. Es gelüstete sie, reich zu werden, sie sind vom
Glauben irregegangen und haben sich selbst viele Schmerzen
gemacht. Denn so recht wohl wird es einer Seele nicht mehr,
die schon die Freundlichkeit des Herrn geschmeckt hat. Ein
Stachel bleibt doch immer. Die Gründung eines Hausstandes
ist schon für manches fromme Mädchen, für manchen eifrigen
Jüngling zum Wendepunkt trauriger Art geworden. Die Sorge
um die zeitlichen Dinge, um Haus und Geschäft haben das
geistliche Leben überwuchert, gedämpft oder gar erstickt.
Mancher ist der Versuchung zum Wohlleben erlegen; denn es
ist nichts schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten
Tagen. Wieder andere scheitern am Ehrpunkt. Die Ehre bei
der Welt wird ihnen zum Fallstrick. Oder sie haben Erfolg
in der geistlichen Arbeit, finden in christlichen Kreisen
Anerkennung und Lob, werden hochmütig und fallen schließlich
in Schande und Laster. Es gibt Seelen, die einen geheimen
Ehrgeiz in sich tragen. Sie überwinden ihn nicht; vielmehr
wollen sie eine Rolle spielen, sich wichtig und bemerkbar
machen. Dabei erliegen sie dem Neid, verfeinden sich immer
wieder da und dort, geraten in ein gehässiges, bitteres
Wesen, und das Gnadenlicht in ihnen wird verfinstert.
Selig, wer in Proben ausharrt!
C.Eichhorn
Ohne Bewahrung keine Krönung
Nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens
empfangen. Jak. 1, 12
Im Wort Bewährung liegt, daß dazu eine gewisse Zeit gehört.
In der Regel geht das nicht von heute auf morgen. Eine
Ausnahme war dar Schächer; bei ihm vollzog sich die Bewährung
in einigen Stunden. Er hielt geduldig aus in seinen Qualen,
und trotz Spott der Feinde glaubte er. Jesu Ruf: "Mein Gott,
warum hast du mich verlassen?" machte ihn nicht irre. Selbst
nach Jesu Verscheiden hielt er sich an das Wort: "Heute wirst
du mit mir im Paradiese sein!" So drängte sich bei ihm alles
in wenige Stunden, was sich bei anderen über Jahre erstreckt.
Schiebe deine Bekehrung nicht auf, sonst versäumst du am Ende
die Möglichkeit der Bewährung. Oft zieht sich durch unsere
Schuld eine gewisse Probe allzulange hin. Wenn wir uns gleich
entschlossen und tapfer beweisen würden, könnten uns neue
Versuchungen bestimmter Art erspart bleiben. So aber geben
wir nach, fallen oder erlangen nur einen halben Sieg oder
entziehen uns der Aufgabe. Darum muß die Lektion aufs Neue
aufgegeben werden, bis wir wirklich Treue beweisen und unser
Pensum ganz gelernt haben. - Oft gibt es eine Verschleppung
durch beständiges Schwanken und Halbheiten. Mancher wird
sein ganzes Leben nie völlig Herr über eine bestimmte
Lieblingssünde oder Schwäche. Die Bewährung bleibt aus und
damit die Krone. Der Betreffende kommt nicht zur Vollendung.
Er geht unfertig in die Ewigkeit hinüber. Bei manchem
ereignet sich ein tiefer, schwerer Fall. Vielleicht findet
er noch Gnade zur Reue und neuen Ergreifung der Gnade. Aber
er kommt doch nicht mehr zu rechter Kraft und Salbung. Es
ist etwas gewichen, mit fortgeschwemmt worden. Die rechte
Zartheit und Innigkeit des Verhältnisses zum Herrn ist nicht
mehr da. Mit zunehmender Bewährung wächst die innere Kraft
und das Zartgefühl für das, was dem Herrn gefällt. Es wächst
der Mut, man rühmt sich auch der Trübsale und freut sich ob
der mancherlei Anfechtungen. Es ist zunächst nur eine Freude
im Geist. Das Fleisch "fleischert" und blutet, wie Luther
beim Tod seiner inniggeliebten Tochter Magdalena äußerte
(siehe Hebr. 12, 11). Man kann nur danken im Blick auf
die gesegnete Frucht. Mit der Leidenswilligkeit nimmt
die Hoffnungsfreudigkeit zu. "Geduld bewirkt Bewährung,
Bewährung aber Hoffnung." Man hat guten Grund, auf
Herrlichkeit zu hoffen, und fühlt sich immer mehr zur
oberen Welt hingezogen. Das Heimweh wächst, je mehr man
unter mancherlei Proben der vergänglichen Welt abstirbt. Bei
Bewährten hat Satan verspielt. Er hat alles ausprobiert. Er
kann seine Anklägerrolle nicht weiterspielen. Wir dürfen aber
nie sicher werden und einen Sündenfall für ausgeschlossen
halten. Denn wir wissen nicht, ob nicht noch eine Probe kommt,
die an Stärke alle vorhergegangenen übertrifft. Selbst einem
Paulus stand es bedrohlich vor Augen, daß er verwerflich
werden und die Probe nicht bestehen könnte. Erst wenn einer
bis ans Ende beharrt hat, darf er triumphieren.
D.Rappard
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet.
Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des
Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen,
die ihn lieben.
Jak. 1,12.
Mit acht Seligpreisungen hat der Herr Jesus seine
herrliche Bergpredigt begonnen (Matth. 5, 3 - 10); jede
einzelne ist von tiefer Bedeutung. Auch an anderen Stellen
wird von seligen Menschen gesprochen: Selig, wem die
Übertretungen vergeben sind. Selig, wer Gottes Wort hört und
bewahrt. - Aber unsere heutige Seligpreisung klingt gar so
wunderbar: Selig, wer die Anfechtung erduldet. Anfechtung
und Seligkeit scheinen nicht zusammen zu gehören.
Der Nachdruck ist eben zu legen auf die Worte: e r d u l d e t
und b e w ä h r t. Anfechtung, Versuchung, von welcher
Seite sie auch kommen mag, ist nicht Seligkeit. Sie ist oft
herbes, tiefes Leid. Sie bringt heißen Schmerz und blutigen
Kampf. Aber wenn sie erduldet und siegreich überwunden, wenn
der Streiter nicht gewichen, sondern bewährt worden ist, dann
genießt er das Wohlgefallen seines Feldherrn, und innere,
göttliche Stärkung wird ihm zuteil. Solch ein Mensch ist in
Wahrheit hier schon seliger als einer, der um vergänglichen
Genusses willen allem Kampfe aus dem Wege geht. Und
h e r n a c h! Wenn die Prüfung völlig e r d u l d e t, der
Kämpfer bis zuletzt b e w ä h r t ist, dann kommt die K r o n e,
die Krone des Lebens, die der Herr verheißen hat denen, die ihn
lieben.
Der Glaube ist mein Bettelstab
Vor meines Gottes Throne.
Ich bettle mir als Gnadengab'
Die Überwinderkrone.
C.O.Rosenius
Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet.
Jak. 1, 12.
Dieses zu beachten, ist sehr wichtig! Darum wollen wir
diesen Punkt etwas gründlicher betrachten. Viele fromme
Gnadenkinder pflegen wegen der Anfechtung gänzlich den Mut
zu verlieren, und das vor allem durch folgende Gedanken:
,,Wäre ich in Sünde gefallen, würde ich nicht an der Gnade
verzweifeln; aber ich fühle bei mir etwas noch viel
Schlimmeres, nämlich Liebe zur Sünde, das ist ganz
erschrecklich." Darauf antworten wir: Bist du zufrieden mit
dieser Liebe zur Sünde? - ,,Zufrieden mit ihr? Wie kann ich
das sein? Sie ist im Gegenteil das Verabscheuungswürdigste,
dessen ich mir bewußt bin." Nun, dieses ,,Ich", das die Liebe
zur Sünde ,,verabscheut", das sie haßt, das ist dein rechtes
Ich, das ist der neue Mensch. Dann wird es in der Schrift
nicht ,,die Sünde lieben" genannt, sondern das, was du so
nennst, heißt in der Schrift ,,das Fleisch mit seinen Lüsten
und Begierden". Du fühlst also Liebe des Fleisches zur
Sünde. Und wie sollten wir eine Versuchung empfinden, wenn
wir nicht des Fleisches Begierden fühlten?
Fühlst du nun eine Versuchung, dann sieh nur zu, daß du ihr
keinen Beifall gibst und sie zu billigen, ihr zu huldigen und
zu folgen anfängst, sondern daß du mit dem Gebet des Glaubens
dem Fleisch und dem Teufel widerstehst und einstweilen, wie
es dir auch immer gehen mag, beim Gnadenthron und bei der
unverdienten Gnade in Christus bleibst. Dann hast du doch
immer in Ihm das ewige Leben, mag es im übrigen noch so
schlimm und wunderlich aussehen, ja, selbst wenn du dich
zuweilen ganz vom Bösen überwältigt sehen würdest, so daß,
wie Luther sagt, ,,der Teufel mit den Füßen über dich springt
und dir auf den Hals tritt" oder ganz frei über dich zu
herrschen scheint und alle Kraft, alle Gnade des Heiligen
Geistes ganz entschwunden scheint. Hier noch ruhig zu
bleiben und inmitten der schwarzen Finsternis auf den Herrn
zu harren, das ist ,,Weisheit bei den Vollkommenen", das ist
eine große Weisheit, eine wunderbare Gnade. Denn was der
Herr in solchen dunklen Zeiten der Sichtung mit Seinen
Kindern tut, ist ein gar zu tiefes Geheimnis. Wer dann dem
Gefühl und dem Anschein folgen will, der muß verzweifeln. Es
ist gerade der Zweck dieser tiefgehenden, zugrunderichtenden
Versuchungen, daß wir allen Nebentrost aus eigener
Frömmigkeit und Stärke verlieren sollen. Darum muß es so bis
zum äußersten gehen und so pechschwarz vor der Seele werden,
daß auch nicht der geringste Trost gefunden wird, den man bei
sich sehen oder fühlen könnte, sondern daß es nur das eigene
göttliche Wesen des Herrn, Seine eigene göttliche Treue und
Allmacht ist, worauf noch zu hoffen ist. Auf solche
Versuchungen bezieht sich auch das Wort des Jakobus: ,,Achtet
es eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallt
(beachte: mancherlei), und wisset, daß euer Glaube, so er
rechtschaffen ist, Geduld wirkt", und ferner: ,,Selig ist der
Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt
ist, wird er die Krone des Lebens empfangen."
Daß der Apostel hier von den Anfechtungen und Versuchungen
zur Sünde redet, wird besonders deutlich aus dem, was er
gleich darauf hinzufügt: ,,Niemand sage, wenn er versucht
wird, daß er von Gott versucht werde; denn Gott kann nicht
vom Bösen versucht werden. Er selbst versucht auch niemand;
sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner
eigenen Lust gereizt und gelockt wird." Beachte hier die
Worte ,,Anfechtung erduldet". Das will sagen, nicht zu
ermüden, der Versuchung nicht zu folgen, auch nicht zu
verzweifeln und den Gnadenthron zu verlassen, sondern immer
noch mit starkem Glauben und mitten unter dem Leiden
fortwährend diese Bitte zu üben: ,,Führe uns nicht in
Versuchung." - So lehrt auch Petrus uns bei der Versuchung
des Teufels zu tun: ,,Widersteht dem Teufel fest im Glauben."
Beachte ,,fest im Glauben!" Wenn man nicht mehr an die Gnade
Gottes sowie an Seinen Willen und Seine Macht glaubt, helfen
zu können, dann hört man auf, zu bitten und auf den Herrn zu
harren. Dann muß man lernen, lange und ,,geduldig" zu
warten, es kommt uns wenigstens als unendlich und unheilbar
vor, so daß wir bereit sind zu sagen: ,,Es ist verloren, es
ist nicht länger wert, Hilfe zu erwarten, ich fühle und sehe
ja handgreiflich, daß ich dem Teufel überlassen bin." Wenn
man dann bei diesem Beschluß stehenbleibt, dann hört, wie
gesagt, das Gebet auf. Dazu trägt auch unser natürlicher
Leichtsinn bei, so daß wir zu beten ermüden, wenn wir nicht
gleich erhört werden, oder daß wir ,,uns an Christus ärgern",
wenn Er uns nicht in der Weise führt, wie wir es uns dachten.
Aber Gott würde zum Lügner werden, wenn Er uns mit unserem
Gebet und in unserem Glauben an Seine Verheißung zuschanden
werden ließe. Nachdem Er uns Sein ganzes Wort hindurch
gesagt hat: ,,Rufe Mich an in der Not, so will Ich dich
erretten, so sollst du Mich preisen", müßten viel eher Seine
Ehre und Wahrheit zuschanden werden, wenn Er nicht nach
diesen Seinen Worten täte. Wache darum auf und präge tief in
dein Herz: Es ist ganz unmöglich, daß ein Mensch, der seine
eigenen Kräfte so versucht hat, daß er an ihnen verzweifeln
mußte und der darum zum Herrn ruft, zuschanden wird, wie
verzweifelt übel es auch aussehen möge. Denn das heilige,
göttliche Wesen des Herrn, Seine göttliche Treue, Seine
Wahrheit und Seine Allmacht bürgen hier für meine Errettung.
Drum hoffe nur auf den, der Vater heißt;
Er ist dir gut, auch mitten in dem Jammer.
Dein Heiland sieht, wenn dich der Kummer beißt,
Und schaut hinein in deines Herzens Kammer.
Da sieht Er's wohl, wenn du bist Trostes bloß
Und hilfelos.