Hebr 11,21
A.Christlieb
Durch den Glauben segnete Jakob beide Söhne Josephs. Hebr.
11, 21
Aus dem eigenartigen Verhalten des Jakob bei der Segnung der
beiden Josephssöhne leuchtet sein Glaube hell hervor. Jakob
wich - unter göttlicher Leitung - ab von der allgemeinen
Sitte, dem ältesten Sohn den besten Segen zu geben. Das war
um so auffälliger, als der älteste Sohn, Manasse, vor des
Segnenden rechte, und der jüngere, Ephraim, vor seine linke
Hand hingestellt war. Jakob mußte also seine Arme über Kreuz
legen, um mit der Rechten den Ephraim segnen zu können.
Indem aber Jakob so handelte, zeigte er, daß der Glaube auch
ungewohnte und ungebahnte Wege beschreiten kann und nicht
nach Schablone arbeitet. Wem das unfaßbar ist, der frage
sich, ob das Geheimnis des lebendigen Glaubens in ihm wohnt.
Jakobs Glaube zeigte ferner eine überraschende Festigkeit.
Dem Joseph mißfiel das Tun des Vaters. Er ergriff die rechte
Hand Jakobs und suchte sie auf Manasses Haupt zu legen. Bei
der großen Liebe, die Jakob zu Joseph hatte, könnte man
denken, Jakob würde diesen Wunsch erfüllen. Aber Jakob
teilte seinen Segen ,,im Glauben", unter göttlicher Leitung
aus. So mächtig Joseph war und so viel Rücksicht er fordern
konnte auf seinen Wunsch: Jakob ließ sich nicht im geringsten
beirren und von Gottes Anweisung abbringen. ,,Ich weiß wohl,
mein Sohn", sagte er; ,,dieser soll auch ein Volk werden,
aber sein Bruder soll größer werden." Wir sehen: Der Glaube
wirkt nicht nur originelles Handeln; er macht auch fest. Und
endlich: Jakob ist ein Flüchtling, der im fremden Lande wohnt
und keinen Fußbreit vom Boden Kanaans in seiner Gewalt hat.
Aber unbekümmert darüber verteilt er Land an seine Enkel.
Kraft der Verheißung Gottes gehörte es ihm bereits. Im
Glauben hatte er es ergriffen; im Glauben verschenkte er es.
Nichts steht dem Glauben so fest, als Gottes Verheißungen.
,,Schenk mir Jakobs Glauben...!"
A.Christlieb
Jakob neigte sich gegen die Spitze seines Stabes.
Hebr. 11, 21
Diese Bewegung des sterbenden Jakob wird uns als eine
Glaubenstat vor Augen gestellt. Was bedeutet sie? Nach 1.
Mose 47 hat Jakob, als er sein Ende herannahen fühlte, sich
von Joseph das feierliche Versprechen geben lassen, ihn nicht
in Ägypten, sondern im Erbbegräbnis seiner Väter Abraham und
Isaak beizusetzen. Nachdem Joseph ihm die Erfüllung dieses
Wunsches eidlich zugesichert hatte, neigte Jakob sich gegen
seines Stabes Spitze, wörtlich: ,,Er beugte sich anbetend auf
das Kopfende seines Lagers hin." Es ist nicht jedermanns
Ding, gern und willig aus diesem Leben zu scheiden. Für
viele gibt es dabei schwere Kämpfe und bittere Nöte. Jakobs
Glaube ermöglicht es ihm, in dankbarer Anbetung zu scheiden.
Weiter: In Ägypten wäre dem Jakob gewiß ein prunkvolles
Begräbnis zuteil geworden. Ihm lag aber viel mehr an der
Gemeinschaft mit den Trägern der göttlichen Verheißung. Als
ihm die Erfüllung dieses Wunsches zugesichert war, neigte
er sich anbetend vor Gott. Auch wir dürfen im Frieden
heimfahren, wie Jakob und wie Simeon, wenn wir im Glauben
eins sind mit Abraham, dem Patriarchen, den die Heilige
Schrift den ,,Vater der Gläubigen" nennt (Röm. 4, 11). Mit
der dankbaren Anbetung wollte Jakob zuletzt sagen: Mein Sohn
wird mir treu sein und sein Versprechen halten. Welche tiefe
Freude, als glaubender Vater abscheiden zu dürfen mit der
Gewißheit, daß Kinder und Nachfolger treu den Weg göttlichen
Wohlgefallens gehen werden. So ist eine Dorothea Trudel in
Männedorf heimgegangen im festen Glauben, der damals noch
junge Samuel Zeller, dem sie die ganze Anstalt vermachte,
werde treu sein. Sie ist in ihrem Glauben nicht zuschanden
geworden. Welche Seligkeit, anbetend heimgehen zu dürfen in
der Gewißheit, der Schar vorangegangener Glaubenszeugen
verbunden zu sein und wissen zu dürfen, daß Gott den
Nachfahren ein treues, gläubiges Herz schenken wird.
W.Nee
Aus Glauben ... betete Jakob an über der Spitze seines
Stabes. Hebräer 11,21
Wie eindrucksvoll, daß der Schreiber des Hebräerbriefs dieses
Zeichen offenbarer Schwäche auswählt, um Jakobs Glauben zu
veranschaulichen. In seiner Jugend hatte Jakob nur an sich
selbst gedacht und alle Kraft darauf verwandt, andere zu
verdrängen. Bei dem Kampf in Pniel war dann durch die
Berührung Gottes seine natürliche Kraft gebrochen worden.
Statt des einstigen rücksichtslosen Egoisten stand nun ein
demütiger, gütiger Mensch hier - und betete an.
Eines Abends aß ich bei einem jungen Bruder, zu dem Gott über
eben diese Frage unserer natürlichen Kraft geredet hatte.
»Es ist ein besonderer Segen«, sagte er zu mir, »wenn man
weiß, Gott ist einem begegnet und hat einen grundlegend
verwandelt, und man hat diese schwächende Berührung
empfangen.« Auf dem Tisch stand ein Teller mit Keksen, und
ich nahm einen davon und brach ihn in der Mitte durch, wie
wenn ich ihn essen wollte. Dann fügte ich die beiden Hälften
wieder genau aneinander und sagte: »Er sieht völlig intakt
aus, nicht wahr, aber trotzdem wird er nie mehr genauso sein
wie zuerst. Wenn dein Rückgrat einmal gebrochen wurde, wirst
du für alle Zeiten jeder leisesten Berührung durch Gott
nachgeben.«
D.Rappard
Durch den Glauben segnete Jakob beide Söhne
Josephs, und neigte sich gegen seines Stabes Spitze.
Hebr. 11,21.
Leuchtend liegt vor mir ein Bergkristall. Einst war er ein
dunkles Stück Quarz. Durch vielerlei Naturprozesse bildeten
sich aus dem rauhen Stein die ebenmäßigen, durchscheinenden
Flächen, die heute mein Auge entzücken. Solch ein
unschöner Quarzblock war Jakob von Natur, selbstsüchtig und
listig. Hier aber sehen wir ihn als einen reinen Kristall,
zubereitet für den himmlischen Tempel. Königlich ruhig, seine
Enkel genau nach göttlicher Vorschrift segnend, neigt Jakob
sich im Tode.
O wunderbare Gnade, die nicht auszählt alle die Irrgänge
und Sünden dessen, der in bußfertigem Glauben seine Zuflucht
genommen hat zu den Fittichen Jehovahs! Seine Sünden sind
versenkt in die Tiefe des Meeres. Sie sind nicht mehr zu finden.
Es leuchtet nur das helle, weiße Kleid der Gerechtigkeit.
Und doppelt wunderbare Gnade, die nicht nur den Sünder annimmt,
sondern ihn auch umgestaltet, daß aus dem Unreinen ein Heiliger,
aus dem Quarz ein Kristall, aus Jakob ein Israel, ein Überwinder
wird!
Wie viel Erziehung und Geduld hat Gott an Jakob gewandt!
Denken wir an Bethel, Pniel, Sichem, Ägypten. Aber er
hat das Werk herrlich vollendet. Und er will es an allen
tun, die sich ihm anvertrauen.
A und O, Anfang und Ende,
Nimm mein Herz in Deine Hände
Wie ein Töpfer seinen Ton!
Meister, laß Dein Werk nicht liegen;
Hilf mir beten, wachen, siegen,
Bis ich steh vor Deinem Thron!
Ch.Spurgeon
"Durch Glauben segnete Jakob bei seinem Sterben einen jeden
der Söhne Josephs und betete an, auf seinen Stab gestützt."
Hebräer 11,21
Der Text drückt aus, daß der Glaube des Patriarchen fest war,
während er im Sterben lag. Möge auch auf unserem Sterbebett
die Gnade Gottes in unserem Glauben bewundert werden können!
Der alte Mann von 147 Jahren besaß noch vieles, was ihn auf
dieser Erde hätte festhalten können. Nach einem sehr
unruhigen Leben hatte er 17 Jahre außerordentlicher
Bequemlichkeit genossen, so daß wir an seiner Stelle den
bloßen Gedanken an das Weggehen gefürchtet hätten. Jedoch
der ehrwürdige Patriarch hält den Stab in seiner Hand. Er
ist zum Gehen bereit und sucht keinen Aufschub.
Die letzten 17 Jahre waren für den alten Mann glänzend und
voller Ruhe. Aber Sinnlichkeit hatte seinen Glauben nicht
getötet, und der Luxus hatte seine geistliche Gesinnung
nicht vernichtet. Sein Herz ist immer noch in den Zelten,
in denen er als Pilger Gottes gewohnt hatte. Und ihr könnt
feststellen, daß er mit keiner Faser seiner Seele in Ägypten
verwurzelt war. Sein erstes Anliegen ist, Sorge zu tragen,
daß seine Gebeine nicht in Gosen bleiben. Durch seinen
Auftrag, ihn in Mamre zu begraben, lehrte er seine
Nachkommen, nicht zu fest an dem guten Land Gosen zu hängen.
Ihr Erbe lag nicht an den Ufern des Nil, sondern jenseits der
Wüste, in Kanaan; und sie sollten immer bereit sein, dorthin
zu ziehen.
Der Segen, den er den Söhnen Josephs gab, war eine Äußerung
festen Glaubens, der das Gegenwärtige fahren ließ und das
Zukünftige ergriff; dem Zeitlichen entsagte und das Ewige
festhielt; die Schätze Ägyptens zurückwies und sich an den
Bund Gottes klammerte.
J.MacArthur
"Durch Glauben segnete Jakob sterbend einen jeden der Söhne
Josephs und betete an" (Hebr. 11,21).
Jakobs Leben ist ein Bild der geistlichen Pilgerreise von
der Selbstherrlichkeit zur Unterwerfung.
Jakobs Leben kann man in drei Phasen einteilen: ein
gestohlener Segen, Hingabe mit Bedingungen und ernsthafte
Demut.
Von Anfang an wollte Gott den Jakob auf ganz besondere Weise
segnen. Doch Jakob, dessen Name "Betrüger", "Austrickser"
oder "Fersenhalter" bedeutet, betrog seinen Vater, damit er
ihn anstatt seines Bruders Esau segnen möge (1.Mo. 27,1-29).
Das Ergebnis war, dass Jakob fliehen und vierzehn Jahre die
Herden seines Onkels Laban hüten musste.
Als Jakob zu Laban zog, erschien ihm Gott im Traum (1. Mo.
28,10-22) und setzte ihn zum Empfänger des Segens ein, den
Gott zuerst seinem Großvater Abraham und dann seinem Vater
Isaak versprochen hatte.
Jakobs Reaktion spricht Bände; denn er "legte ein Gelübde ab
und sagte: Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf diesem
Weg, den ich gehe und mir Brot zu essen und Kleider
anzuziehen gibt und ich in Frieden zurückkehre zum Haus
meines Vaters, dann soll der Herr mein Gott sein" (die
Verse 20-22). Jakobs Eid mit seinen Bedingungen bedeutete
eigentlich: "Gott, wenn du alles tust, was ich will, dann
will ich Dir gehören!"
Trotz dieser selbstsüchtigen Motive segnete Gott ihn, doch
demütigte Er ihn gleichzeitig. Als die Zeit gekommen war,
Laban zu verlassen, war Jakob bereit, sich rückhaltlos Gott
anzuvertrauen. Man beachte die Veränderung seines Herzens in
1. Mose 32,11: "Ich bin zu gering für alle Gnadenerweise und
alle Treue, die du deinem Knecht erwiesen hast."
Dann erschien ihm Gott in der Gestalt eines Mannes und
kämpfte die ganze Nacht mit ihm (Vers 24). Jakob wollte Ihn
nicht loslassen, bevor Er ihn gesegnet habe. Das war keine
selbstsüchtige Bitte, sondern kam aus einem Herzen, das gern
so sein wollte, wie es Gott gefiel. Damals änderte Gott
Jakobs Namen in "Israel", das bedeutet "Kämpfer für [oder]
mit Gott".
Wie Abraham und Isaak vor ihm hat Jakob nie die Erfüllung
der göttlichen Bündnisverheißungen erlebt. Doch auf
seiner geistlichen Reise vom Jakob zum Israel, von der
Selbstbestimmung zur Unterwerfung, lernte er, auf Gott
zu vertrauen und auf Seine Zeit zu warten.