Hebr 4,15
Ch.Spurgeon
"Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid
haben könnte mit unsren Schwachheiten, sondern der in allem
gleich (wie wir) versucht worden ist, doch ohne Sünde."
Hebräer 4,15
Die Wahrheit, daß mein Herr in den gleichen Versuchungen
gewesen ist wie ich, ist meinem matten Herzen oft wie Nektar
gewesen. Er ist in gleicher Weise wie wir versucht worden,
und deshalb weicht nicht von ihm. Es ist ein dunkler Raum,
durch den ihr geht, aber Jesus hat ihn vor euch
durchschritten. Es ist ein harter Kampf, den ihr
auszufechten habt, aber unser Herr hat mit demselben
Feind gekämpft.
Für die Mazedonier war es bei ihren ermüdenden Märschen eine
große Ermunterung zu sehen, daß Alexander ihre Beschwerden
teilte. Wäre Alexander geritten, während die Soldaten
marschierten, so würden diese bald ermattet aufgegeben haben.
Aber er marschierte wie ein einfacher Soldat, und als das
Wasser knapp wurde, durstete Alexander mit ihnen und wollte
nicht einmal das bißchen Wasser trinken, das als königlicher
Luxus aufbewahrt worden war. "Nein", sagte er, "ich will mit
meinen Leuten leiden." Sie gewannen ihre Schlachten und
trieben den persischen Haufen vor sich her, wie Löwen eine
Herde Schafe treiben, und das hauptsächlich dank der
persönlichen Tapferkeit Alexanders. Er war der erste, der in
den Graben sprang, der erste, der über den Fluß ging, der
erste, der den Wall erstieg, der erste, der alles für Tod
oder Ruhm wagte. Und jeder Mann wurde beim Anblick dieses
Helden selbst ein Held.
Laßt es mit den Nachfolgern Jesu ebenso sein! Jesus bleibt
nicht im Zelt, wenn seine Brüder im Kampf stehen; er kleidet
sich nicht in Scharlach wie ein König, der die Ruhe liebt,
sondern er ist uns im Kampf vorangegangen.
O Freunde, laßt uns getrost sein! Christus kennt unseren
Weg, und wir sehen vor uns gleichsam seiner Füße Spur im
Sand. Er vergißt nicht die Versuchungen, durch die er
gegangen ist, und er möchte uns darin beistehen.
J.Kroeker
Vom Hohenpriestertum Christi.
"Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid
haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der versucht
worden ist in allem gleich wie wir, doch ohne Sünde."
Hebr. 4,15.
Was bedeutet es doch für die ringende Gemeinde, wenn Christus
so in den Mittelpunkt ihrer Leiden, ihres Kampfes und ihrer
Erwartungen gestellt wird, wie es der Hebräerbrief tut. Wir
helfen unseren Gemeinden und unseren verzagten Brüdern, wir
helfen auch unserem ringenden Volk nicht, wenn wir bei
unseren Kämpfen, bei unseren Nöten oder bei der Herrschaft
der Mächte des Abgrundes stehen bleiben. Nicht von den
Leiden aus wollen wir Gott verstehen, wir wollen die Leiden
verstehen von Gott aus. Wenn das nicht eines Tages wiederum
das Evangelium auf unseren Kanzeln und Kathedern wird, dann
gehen wir zugrunde sowohl als Kirche und auch als Volk.
Daher ist gerade auch die Botschaft dieses unbekannten
Apostels, der den Hebräerbrief schrieb, so überaus köstlich.
Er tröstet die Gemeinde durch Christus, indem Er Christus in
seiner ganzen Größe dolmetscht.
Mit welch einer klaren prophetischen Schau, mit welch einer
apostolischen Kraft beleuchtet der Verfasser Christus gerade
so, wie es dem inneren Zustande der Hebräer-Christen
entsprach. Mag auch eine ganze Welt untergehen, es gibt
einen Fels für den Glauben, der auch mitten in den
Gerichtszeiten und Weltkatastrophen nicht wankt.
Dieser Fels ist Christus, der Sohn!
Daher betont der Apostel auch so stark die Einzelheiten
in dem gegenwärtigen Hohenpriesteramt unseres Herrn und
Heilandes. In Christus haben wir eine höhere Offenbarung,
einen höheren Mittler, eine höhere Ruhe, einen höheren
Hohenpriester, ein höheres Opfer, ein höheres Heiligtum,
einen höheren Dienst, eine höhere Vollendung. In dieser
Erhabenheit sieht er Christus und zeigt, dass Er trösten kann
wie einst kein Mittler innerhalb der Alttestamentlichen
Heilsgeschichte trösten konnte. Er versagt nicht trotz
unserer Schwachheit, Er stirbt nicht, trotz des Wandels der
Zeiten, Er erschöpft sich nicht, trotz der Fülle von Leben
und Kraft, die unser Glaube von Ihm empfängt.
So tröstete der Verfasser die leidende Gemeinde seiner Tage
von Christus aus. In dieser Richtung kann allein auch unser
Dienst im Blick auf die Not unserer Zeit liegen. Unsere Zeit
mit ihrem Kampf, mit ihren Lasten, mit ihren Aufgaben ist
größer als der Mensch in seinen geistigen Kräften, in
seiner Weltbeherrschung und in seiner spekulativen
Zukunftserwartung. Aber nicht größer als der Sohn, der
der Erbe des Ganzen ist. Als Hoherpriester hat Er einen
gegenwärtigen Mittlerdienst, durch den Er auch uns aus
der Schwachheit in die Kraft, aus der Verzagtheit in die
Glaubenszuversicht, aus der Hast in die Ruhe und aus dem
Gericht zum Leben führen kann.