2. Timotheusbrief

2Tim 1,5 A.Christlieb Eunike, die Mutter von Timotheus 2. Timotheus 1, 5; Apostelgeschichte 16, 1

»Ich erinnere mich des ungefärbten Glaubens in dir, welcher zuvor gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike.« - »Er kam aber nach Derbe und Lystra; und siehe, ein Jünger war daselbst mit Namen Timotheus, eines jüdischen Weibes Sohn, die war gläubig, aber eines griechischen Vaters.«

Wenn wir die Bibelstellen zusammenstellen, in denen uns über Eunike etwas mitgeteilt wird, so sehen wir das Bild einer vorbildlichen Mutter vor uns.

1. Hindernisse für ihr Glaubensleben

Die Heimat der Eunike war Lystra. Dort wohnte ein sehr leicht zu begeisterndes, aber unzuverlässiges Volk, wie wir aus Apg. 14 erfahren. Paulus hatte dort gearbeitet, gepredigt und einen lahmen Mann geheilt. Die Wundertat des Apostels hatte die Leute von Lystra dahin gebracht, Paulus zu vergöttern (14, 11 f.). Wenig später ließen sie sich aber von den Feinden des Evangeliums so überreden, daß sie den Apostel steinigten und beinahe getötet hätten (14, 19).

Kann man aus den Reihen solch unzuverlässiger Leute einen Menschen mit einem klaren, festen Glaubensleben erwarten? Wenn Nathanael fragte: »Was kann aus Nazareth Gutes kommen?« (Joh. 1, 46)-so hätte man hier sagen können: »Was kann von Lystra Gutes kommen?« Und doch war an dem Ort, wo das Grundwesen der Bevölkerung so wankelmütig und unzuverlässig war, eine Familie, in der Mutter und Sohn in entschiedener Nachfolge standen.

Der allgemeine Volkscharakter hätte ein Hindernis für Eunikes Glaubensleben sein können. Aber die Gnade machte ihr Herz fest. Eine andere Schwierigkeit lag in den Familienverhältnissen. Eunike lebte in einer Mischehe. Ihr Mann hatte den Schritt zum Glauben an Christus nicht mit seiner Frau zusammen getan. Er war ein heidnischer Grieche. Er wandte sich auch unter der Arbeit des Paulus nicht dem Evangelium zu. Wie lieblich wäre es gewesen, wenn auch der dem Namen nach unbekannte Vater des Timotheus Christ geworden wäre! Aber er wurde nicht gewonnen. Das war gewiß schwer. Durch das Verharren des Mannes im Unglauben konnte Eunike, die gewiß oft für ihn betete, in Verzagtheit geraten. Aber sie blieb dem Herrn treu, obgleich ihr tiefster Herzenswunsch nach dem inneren Gleichgesinntwerden des Lebensgefährten nicht erfüllt wurde.

Ja, es gab Glaubenshindernisse auf dem Weg der Eunike.

2. Stärkung auf dem Glaubensweg

Gott erquickte die Eunike aber auch durch Wohltaten und Freundlichkeiten auf ihrem Wege.

Lois, ihre Mutter, stand mit ihr im Glauben. Welch eine Gnade! Kam der Mann nicht zum Glauben an Jesus, so teilte die Mutter den Glauben ihrer Tochter. Es ist schwer, allein in einem Hause auf Jesu Seite zu stehen. Wenn zwei den Weg miteinander gehen, ist es leichter. So war es hier. Wie mögen die beiden sich oft untereinander getröstet und aufgerichtet haben, wenn der Mann ablehnend blieb! Wie vereinigten sich die Gebete dieser beiden Frauen als eine Macht im Hause! Aber der Mann widerstand. Doch eins konnte er nicht hindern: Eunike unterwies ihren Sohn Timotheus im Wort Gottes (2. Tim. 3, 15).

Die Bibel war für Eunike tägliche Speise und täglicher Trost. Und sie wurde ihrem Sohn lieb. Das wurde ihr größter Sieg und ihre lieblichste Erquickung, daß Timotheus an den Herrn Jesus glauben lernte. Später bewährte er sich als Mitarbeiter des Paulus und als Zeuge in der Gemeinde Jesu. O die glückliche Mutter, der nach all dem Leid durch die ablehnende Stellung des Mannes die Freude der echten Bekehrung des Sohnes zuteil wurde!

3. Beweise eines echten Glaubens

Wie wurde nun der Glaube der Eunike sichtbar? Worin bewies er sich durch die Tat? Das eine nannten wir schon: Sie unterwies ihr Kind in der Bibel. Der Spott oder die Gleichgültigkeit des Mannes konnte sie daran nicht hindern.

Sie gab ihren Sohn frei für den Dienst im Reich Gottes. Das ist das andere. Nach ihren menschlichen Gefühlen hätte sie ihn sicher gern bei sich behalten. Vielleicht war Timotheus ihr Einziger. Wir hören nichts von andern Kindern. Aber wie Hanna den Samuel abgab zum Dienst in der Stiftshütte (1. Sam. 1, 28), SO gab Eunike ihren Timotheus her und ließ ihn mit Paulus ziehen (Apg. 16, 3). Damit eröffnete sich ihm keine glänzende Laufbahn. Er wurde Begleiter des Mannes, der in ihrem Heimatort Lystra gesteinigt worden war. In einem andern Beruf hätte der Sohn ihr vielleicht manche äußere Hilfe bieten können. Sie verzichtete darauf. Daß er ein Diener Jesu wurde, das war ihr die größte Freude und Ehre.





C.Eichhorn Der Segen einer frommen Mutter Ich erinnere mich des ungefärbten Glaubens in dir, welcher zuvor gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike. 2. Tim. 1, 5

Die persönliche Entscheidung für den Herrn Jesus kann niemandem erspart werden. Aber es ist von großer Bedeutung, wenn durch die Erziehung eine gesegnete Vorarbeit nach dieser Seite hin geschehen ist. Timotheus' fromme Großmutter und Mutter streuten schon früh guten Samen in sein Herz. Solch eine Kindesseele gleicht einem aufgelockerten Boden, der den Samen in sich aufnimmt: guten und schlechten. Wie ist es doch wichtig, daß ein solches Kinderherz in die rechten Hände kommt! Einer jungen Seele Anstoß oder Ärgernis geben ist nach dem Wort Jesu eins der größten Verbrechen (Matth. 18, 6). Die Eindrücke in der Jugend sind meist entscheidend für das ganze Leben. Welcher Segen ist eine fromme Gewöhnung in jungen Jahren!

Der Vater des Timotheus war ein Heide. Die Mutter war eine Jüdin, stand also auf dem Boden der göttlichen Offenbarung. Den meisten Einfluß auf das Kind hat aber gerade die Mutter. Ihr Mütter habt eine außerordentliche Aufgabe und Verantwortung für die Kinder. Euch gilt das Wort: "Weiset meine Kinder, das Werk meiner Hände, zu mir!" Als festes Ziel sollte es euch vor Augen stehen, einmal freudig sagen zu können: "Siehe, hier bin ich und die Kinder, die du mir gegeben hast!" Ich und die Kinder: Es sollte euch der Gedanke unerträglich sein, ohne eure Kinder selig zu werden. Die Kinder bilden sich zunächst nach der Mutter. In diesen beiden Frauen wohnte ein ungefärbter Glaube. Er bestand also nicht bloß in Stimmungen. Und der Glaube war ungefärbter, echter, lauterer Glaube. Kinder haben dafür ein feines Gefühl. Es pflegte jemand zu sagen: "Die beste Bibelübersetzung, die ich kenne, ist die meiner Mutter. Sie hat die Bibel ins Leben übersetzt und uns Kindern vorgelebt." Ach, was müssen die armen Kinder oft nicht alles sehen und hören! Fluchen, Schimpfen, Zanken, schlüpfrige Reden! Sie sehen finstere Gebärden und sind von unzufriedenem Wesen umgeben. Kein Wunder, wenn solche Kinderseelen früh verdüstert werden! Das Häßliche, das sie aufnehmen, gärt und arbeitet weiter in ihnen. So werden sie vergiftet und verdorben. Wie gern verhätscheln Großmütter die Kleinen, und nichts ist schlimmer, als wenn auf Kindesseelen entgegengesetzte Einflüsse ausgehen, wenn eins dem andern entgegenarbeitet. Bei Timotheus hatten Mutter und Großmutter in der Erziehung nur das eine Ziel: einen Gottmenschen aus ihm zu bilden. Bei der ersten Missionsreise des Paulus wurden alle drei an den Heiland gläubig. Trotz Apg. 14, 8-19 gab die Mutter ihren Timotheus bei der 2. Reise dem Apostel mit. Sie wollte ihren Sohn nicht für sich haben und behalten. Sie hat ihn darum nicht verloren, sondern als einen gesegneten, fruchtbaren Zeugen Jesu erst recht empfangen.