1Tim 1,19
C.H.Spurgeon
Was ist Glauben?
Der Glaube verlangt drei Dinge: erstens Erkenntnis, zweitens
Beipflichtung und drittens Vertrauen. Der Erkenntnis, die wir
erlangt haben, stimmen wir bei und eignen sie uns an durch
Vertrauen. Der Glaube beginnt also mit Kenntnis oder
Erkenntnis. Niemand kann etwas glauben, das er nicht kennt.
Wenn ich nie von etwas gehört habe, und etwas nicht kenne, so
kann ich nicht daran glauben.
Es ist also notwendig zum wahren Glauben, daß ein Mensch die
Bibel kennt, und die Lehren des Wortes Gottes in Betrachtung
zieht, so daß schon ein Grad von Erkenntnis vorhanden ist, ehe
der Glaube entstehen kann.
Zum Glauben ist es aber notwendig, nicht nur, daß wir die
Schrift lesen und verstehen, sondern auch, daß wir sie in unser
Herz aufnehmen als die Wahrheit des lebendigen Gottes, und daß
wir in Demut mit unserem ganzen Herzen die ganze Schrift als
von Gott eingegeben glauben. Wir dürfen die Schrift nicht
halbieren und nur glauben, was wir wollen - sonst haben wir
nicht den Glauben, der allein auf Christus blickt. Der wahre
Glaube gibt der Schrift den vollen Beifall; er nimmt ein Blatt
um das andere und spricht: "Ich glaube alles, was auch auf
diesem Blatt stehen mag."
Er nimmt ein zweites Blatt und spricht: "Hierin sind einige
Dinge schwer zu verstehen, aber ich glaube sie dennoch."
Der Glaube sieht in der Schrift die Dreieinigkeit; er kann
sie nicht verstehen, aber er glaubt sie. Er sieht das
Versöhnungsopfer Christi; er kann es sich nur schwer
vorstellen, aber er glaubt es; und so spricht er zu allem, was
er in der Bibel findet: "Ich liebe das alles; ich pflichte mit
vollem, freiem und ganzem Herzen jedem Wort bei, ob es eine
Drohung, eine Verheißung, ein Sprichwort, eine Lehre oder einen
Segen enthalten mag. Ich glaube, da es Gottes Wort ist, daß
es ganz gewiß wahr sein muß." Wer selig werden will, muß die
Schrift kennen, und muß ihr den ganzen Beifall seines Herzens
schenken.
W.MacDonald
»... indem du den Glauben bewahrst und ein gutes Gewissen.«
1. Timotheus 1,19
Das Gewissen ist ein Überwachungsmechanismus, den Gott dem
Menschen gegeben hat, um richtiges Verhalten gutzuheißen und
gegen das, was unrecht ist, zu protestieren. Als Adam und
Eva sündigten, verurteilte sie ihr Gewissen, und plötzlich
wußten sie, daß sie nackt waren.
Wie alle anderen Bereiche der menschlichen Natur wurde das
Gewissen auch von dem Eintreten der Sünde in die Welt
betroffen, so daß es nicht immer völlig verläßlich reagiert.
Der alte Grundsatz: »Laß dich von deinem Gewissen leiten« ist
keine Regel, der man bedingungslos vertrauen kann. Dennoch
läßt das Gewissen selbst in dem verdorbensten Menschen immer
noch seine Signale aufleuchten.
Zur Zeit der Bekehrung wird das Gewissen eines Menschen von
allen toten Werken gereinigt durch das Blut Jesu Christi
(s. Hebräer 9,14). Das bedeutet, daß er jetzt nicht mehr von
seinen eigenen Werken abhängig ist, um einen günstigen Stand
vor Gott zu bekommen. Sein »Herz ist besprengt (und damit
gereinigt) vom bösen Gewissen« (s. Hebräer 10,22), weil er
weiß, daß die Sündenfrage ein für allemal durch das Werk
Christi geregelt worden ist. Das Gewissen verdammt ihn nicht
mehr, was die Schuld und die Verurteilung der Sünde betrifft.
Der Gläubige bemüht sich fortan, ein Gewissen zu haben, das
sowohl bei Gott als auch bei den Menschen ohne Anstoß ist
(s. Apostelgeschichte 24,16). Er wünscht sich ein gutes
Gewissen (s. 1. Timotheus 1,5.19; Hebräer 13,18; 1. Petrus
3,16). Und er möchte genauso ein reines Gewissen haben
(s. 1. Timotheus 3,9).
Das Gewissen des Gläubigen muß durch den Geist Gottes
ausgebildet werden mit Hilfe des Wortes Gottes. Auf diese
Art entwickelt der Mensch eine wachsende Sensibilität für
fragwürdige Bereiche christlicher Lebenshaltung.
Gläubige, die äußerst genau und furchtsam sind in Dingen,
die an sich weder richtig noch falsch sind, haben ein
schwaches Gewissen. Wenn sie dann trotzdem etwas tun, was
sie eigentlich für unrecht halten, dann begehen sie eine
Sünde (s. dazu Römer 14,23) und beflecken damit ihr Gewissen
(s. 1. Korinther 8,7).
Das Gewissen ist so etwas wie ein Gummiband. Je mehr es
gedehnt wird, desto mehr verliert es seine Elastizität. So
kann es auch unempfindlich gemacht werden. Ein Mensch kann
sein falsches Verhalten mit so vielen guten Argumenten
begründen, daß sein Gewissen schließlich alles sagt, was
er von ihm hören will.
Ungläubige können auch ein gebrandmarktes Gewissen haben
(s. 1. Timotheus 4,2), d. h. als ob dieses mit einem heißen
Eisen ausgebrannt worden ist. Wenn sie immer wieder die
warnende Stimme ihres Gewissens unterdrückt haben, haben
sie schließlich das Stadium erreicht, wo sie nichts mehr
empfinden. Dann sind sie abgestumpft, es tut ihnen nicht
mehr weh zu sündigen (s. Epheser 4,19).
Gott macht die Menschen für das verantwortlich, was sie
mit ihrem Gewissen tun. Keine einzige von Gott geschenkte
Fähigkeit darf ungestraft mißbraucht werden.