1Thes 5,17
C.Eichhorn
Das immerwährende Gebet
Betet ohne Unterlaß! 1. Thess. 5, 17
Es gibt einen beständigen Gebetsumgang mit Gott. Man
kann nicht immerfort mit Worten beten; aber ein Gotteskind
kann und soll stets innerlich zu Gott hin gerichtet sein.
Tersteegen sagt darüber so schön:
"Ich suchte vormals Ort und Zeit
zum Beten und zur Einsamkeit;
nun bet' ich stets in meinem Sinn
und fühl' mich einsam, wo ich bin."
Ein Christ verwandelt alles, was an ihn herankommt, in ein
Gebet. Jede schwierige Aufgabe und Lage, jede Ratlosigkeit,
jeden Unfall, alles, was an Leiden und Lasten uns überkommt,
bringt ein Gottesmensch vor seinen Herrn.
Es gibt ein Beten, das abgerissen für sich allein steht,
losgelöst vom sonstigen Leben. Unser ganzes Wesen und
Tun soll aber vom Gebet getragen sein. Wir sollen ein
Gebetsleben führen. Was hilft's, wenn wir beten, und der
breite Strom unseres täglichen Lebens fließt daran vorbei?
"Ich kann nicht den ganzen Tag beten, mir fehlt die Zeit!"
Wer so spricht, beweist, daß er in das Geheimnis des wahren
Gebets noch nicht eingeweiht ist. Muß denn das Gebet immer
in Worte gekleidet sein? Ist nicht ein Aufblick zum Herrn,
ein verborgenes Seufzen und Begehren auch schon ein Gebet?
Wer sich stets abhängig weiß vom Herrn und ohne ihn gar
nichts tun kann, wer all sein Tun zum Gottesdienst macht,
wer alles zur Ehre Gottes tut, Essen, Trinken, und was es
sein mag, der übt das Beten ohne Unterlaß. Für ihn ist das
Gebet nicht ein Geschäft, das nur so abgemacht wird, keine
Taglöhnerarbeit, keine tote Gewohnheitssache, auch nicht
eine Pflicht, der man Genüge leistet, wo man froh ist, wenn
man sie erledigt hat. Für solche Menschen ist das Gebet
Herzenssache, ein innerstes Bedürfnis. Sie können ohne Gebet
einfach nicht sein und leben. Sie finden auch immer Zeit
zum Gebet. Sie nehmen sich eben die Zeit und stehen deshalb
lieber eine Stunde früher auf. Wo ein Gebetstrieb ist, da
kauft man auch untertags die Zeit aus zu diesem wichtigsten
Geschäft. Wir plaudern mit Menschen oft mehr, als gut ist.
Würden wir uns stattdessen zum Gebet zurückziehen, so würden
wir gestärkt und von oben neu angetan zu unserer Umgebung
zurückkehren. Betende Menschen werden schweigsamer, stiller.
Wer viel mit Gott redet, wird sparsamer in seinen Worten,
und was er sagt, hat Gewicht. Betende Menschen haben
etwas Gesammeltes. Wo das Gebet versäumt wird, reißt
flatterhaftes, oberflächliches Wesen ein. Beter gewinnen
überhaupt erst ein wirkliches Innenleben. Wer nicht in Gott
einkehrt, verliert sich an die Außenwelt, ist neugierig,
schaut und horcht überall hin. Betende Menschen haben eine
Tiefe und zugleich einen festen Mittelpunkt, um den sich
das Leben bewegt.